Nun ist die neueste Kreation aus dem Hause Gruner+Jahr auch an den Kiosken erhältlich. Der “Business Punk” wartet auf seine Leser. Mit einem Kaufpreis von 6 Euro sicherlich nicht gerade ein Mitnahmeartikel, möchte das Heft wohl diejenigen Kräfte in der Wirtschaft ansprechen, die sich innerlich als “Punks” mit der dazugehörigen Attitüde des Freiheitsdrangs verstehen. Als Vorzeigeobjekt musste, wen wundert es, der Gründer von Virgin Records, Richard Branson, herhalten, dem eine umfangreiche Geschichte gewidmet ist. Das Layout des Heftes versucht, die inzwischen übliche Ästhetik des Web auf Print zu übertragen. Der eine oder andere Farbakzent weniger hätte meiner Ansicht nach nicht geschadet, denn irgendwie findet das Auge keine rechte Ruhe und Orientierung. Schade, denn die Geschichten sind lesenswert. Sehr lebendig geschrieben, fand ich den (Selbst-)Versuch zweier Autoren auf den Spuren der Nacht durchzuarbeiten. Ebenfalls gelungen der Essay über den Mythos der Sekretärin. Herausgekommen ist jedenfalls ein kurzweiliges, gut produziertes Heft. Und das verdient ohnehin bereits Anerkennung, angesichts der Hiobsbotschaften und Schlagzeilen aus der deutschen Verlagsszene. Allerdings liegt die Messlatte auch mit diesem ersten Heft recht hoch. Denn ob für die Folgeausgabe wieder ein solcher Themenmix gefunden werden kann? Ich befürchte, dass der Redaktion ziemlich schnell die berichtenswerten “Punks” ausgehen werden, denn die Wirtschaft besteht eben nicht nur aus lauter Richard Bransons oder Lars Hinrichs. Ich bin auf die nächste Ausgabe gespannt.
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Michael Jürgs erforscht die Seichtgebiete
Michael Jürgs hat ein neues Buch geschrieben. Wie immer in dem ihm eigenen Still aus Schnodrigkeit, Ironie und Witz. Diesmal widmet er sich den Seichtgebieten, die uns umgeben, insbesondere der TV-Unterhaltung mit all ihren Blöden, die sich nicht entblöden, vor die Kameras zu treten, in der Hoffnung ein weiterer vergessener Superstar zu werden. Die teilweise Fassungslosigkeit mit der der Autor sich dieser sogenannten Unterhaltung gewidmet hat, ist seinem Buch anzumerken. Allein, mehr als eine überaus witzig zu lesende Bestandsaufnahme, der der Hang zur Besserwisserei erfreulicherweise fehlt, ist das Buch indes nicht. Denn die auf dem Buchrücken versprochene Idee, wie sich die Verblödung beheben lässt, ist nicht ,mehr als ein Gedankenspielchen. Dennoch: Sehr lesenswert!
Thorsten Hahn klärt über Irrtümer auf, begeht aber selbst einen
Wenn Mister Banking-Club Thorsten Hahn ein Buch schreibt, darf der Verlag mit Sicherheit gleich einmal eine niedrige vierstellige Verkaufszahl verbuchen, da sich sein unmittelbares Netzwerk bestimmt dafür interessieren dürfte. Versprochen wird auf dem Cover der Aufbau von Kontakten, die Sie weiterbringen und vor allem die Vermeidung von 77 Irrtümern des Networkings. Herausgekommen ist leider ein recht farbloses und uninspiriertes Buch. Die genannten Irrtümer sind der Irrtum des Thorsten Hahn, denn sie wurden schlicht konstruiert, um die eigentliche Botschaft transportieren zu können.Grundsätzlich eine gute Idee, wenn auch der Dreisatz “These, Anti-These, Synthese” nun nicht gerade innovativ ist. Statt dicker sprachlicher Holzdübel wäre die Nutzung von filigranen Schrauben deutlich besser gewesen.
Betrauern muss man die Bäume, die unnötig gefällt wurden, um das Papier für die total überflüssigen Interviews im Buch zu liefern. Keine einzige nutzwertige Aussage, kein wirklicher Tipp. Wenn die Interviews zu mehr als Füllstoff oder Personalityshows dienen sollten, sind sie total am Thema vorbei. Keine Frage: Thorsten Hahn ist sicherlich ein guter Trainer und bestimmt auch ein toller Netzwerker. Da muss eine Karriere als Autor ja nicht unbedingt auch noch sein.
Jeff Jarvis: Was würde Google tun?
Um das Fazit gleich vorwegzunehmen: Jeff Jarvis hat ein kluges Buch geschrieben, aber ist es auch ein wichtiges? “Was würde Google tun” lautet der Titel der deutschen Übersetzung, die im Heyne-Verlag erschienen ist und schon länger auf meinem Stapel ungelesener Bücher lag. Um diese Fragestellung aus seiner Sicht erschöpfend zu beantworten, benötigt der Autor immerhin gute 400 Seiten. Im ersten Teil des Werks geht es weniger um die Frage, was Google tun würde, sondern mehr, was Google getan hat. Einige der Strategien, die aus Sicht von Jarvis zum Erfolg des Giganten geführt haben, werden beschrieben und erklärt. Das durchweg amüsant und anschaulich geschriebene Buch (Danke, Frau Holtsch für die Übersetzung) streift dabei auch nebenbei vieles aus der jüngeren Historie des World Wide Webs wie Flickr oder Twitter. Erst im zweiten Abschnitt seines Buches werden die tradierten Geschäftsmodelle in einigen Brachen untersucht und die Frage beantwortet, wie sich Google in einem solchen Markt verhalten würde. Was Jarvis hier schreibt, liest sich durchaus amüsant, es steht natürlich der Beweis aus, ob das denn alles in der Praxis auch so funktionieren würde. Verantwortliche aus der Medien-, Finanz- und auch Immobilienbranche rate ich allerdings sehr zur Lektüre dieses Buches. Insbesondere Zeitschriften- und Zeitungsverlage sind aus meiner Sicht deutlich besser daran, den einen oder anderen Hinweis von Jarvis zu befolgen, als die immer gleiche Diskussion über (Mikro-) Paid Content zu führen und über die Gratiskultur des Web zu lamentieren. Wer sich beruflich mit dem Internet auseinandersetzt, wird im Buch von Jarvis nichts tiefgreifend Neues finden. Wenn Sie sich für die Entwicklung des Internets interessieren, greifen Sie zu diesem Buch. Es ist lesenswert und wichtig für Sie!
GDI Impuls – eine sehr anregende Lektüre
Auf der Suche nach neuem Lesestoff bin ich auf die Schweizer Publikation GDI Impuls gestoßen. Die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr und wird vom renommierten Gottlieb Duttweiler Institut herausgegeben. Für 22 Euro pro Ausgabe erhalten Sie Anregungen und fundierte Betrachtungen zu Themen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Handel. Die aktuelle Nummer beschäftigt sich mit der Ehrbarkeit (nicht nur unter Kaufleuten). Das Magazin ist hochwertig produziert. Zurückliegende Ausgaben sind bestellbar und für Abonnenten im Volltext online recherchierbar. Hier sind bereits Mikro- und Nischenmärkte beleuchtet worden. Ich habe allein in einer Ausgabe mehr Denkanstöße erhalten, als in einem vollständigen Jahrgang des Zukunftsletters. Die Brand Eins hat damit arge Konkurrenz um den Platz auf meinem Nachttisch bekommen.