Stephan Lamprechts Notizen

Schlagwort: Marginalia

  • Ach so gehts Business, oder auch nicht

    Anno 1995 war es: Da habe ich in einer kleinen Unternehmensberatung meinen ersten Job mit der Aufgabe übernommen, den Bereich Internet auzubauen. Das ist lange her und seitdem gab es viele Hypes und noch mehr Flops. 10 Jahre sollten ausgereicht haben, um ausreichend Erfahrungen im E-Commerce zu sammeln, um Anfängerfehler zu vermeiden. Aber offensichtlich haben die Zeitläufte zumindest in Verlagshäusern zu einer, sagen wir mal, Erfahrungsresistenz geführt.

    In den letzten vier Wochen habe ich die Probe aufs Exempel gemacht. Ich habe mich bei insgesamt vier verschiedenen Onlineangeboten für ein Abonnement auf Probe registriert. Zwei Anbieter publizieren ausschließlich im Web, sind also auf ein funktionierendes E-Commerce-System existenziell angewiesen.

    Etwas erschüttert war ich vom Ergebnis dann doch: Eines der Angebote ermöglicht einen Probezugang für 48 Stunden, stellt dann aber auf seinen Internetseiten ein komplettes(!) Inhaltsverzeichnis aller in den letzten Jahren erschienenden Artikel zur Verfügung. Dabei ist die Artikelstruktur so einfach gehalten, dass mit einem simplen WGet dank DSL alles in einem Bruchteil der Zeit auf dem heimischen Rechner landet. Großzügiges Geschenk eigentlich.

    Ein anderer Anbieter ist immerhin so clever und personalisiert die angebotenen PDF-Dateien. Bereits auf der ersten Seite ist unübersehbar die registrierte E-Mail-Adresse zu lesen. Aber nicht nur hier wurde das Böse im Menschen zumindest in Erwägung gezogen. Im Rahmen des Probeabos haben Sie maximal Zugriff auf vier zurückliegende Ausgaben. Mit diesen Vorsichtsmaßnahmen war der Anbieter schon der Primus. Denn: Schon ein wenig kriminelle Energie vorausgesetzt wird aus einem Probeabo ein offensichtlich unbegrenzter Dauerzustand.

    Zwar ist bei allen Angeboten während der Registrierung die Angabe von Adresse und Name obligatorisch. Eine Plausibilitätsprüfung fand aber nirgendwo statt. Lediglich die Postleitzahlen werden überprüft. Das war’s denn auch schon. Bei drei von vier Angeboten konnten sogar Straßennamen angegeben werden, die der Fantasie entsprungen. Fehlermeldungen oder Warnungen? Fehlanzeige!

    Also ehrlich Leute: Jeder kleine Krämer an der Ecke, der so fahrlässig mit seinem Kapital und seiner Ware umgehen würde, wäre längst am Ende. In Zeiten funktionierender Billing-Systeme kann ich solche Unbedachtheit nicht verstehen.

  • Gut in Deutschland zu sein

    Es ist toll in Deutschland zu sein. Hier ist alles so hübsch sauber und ordentlich (von einigen an Hauswänden gesprühter Grafiken verirrter Jugendlicher einmal abgesehen). Der Wettbewerb zwischen Unternehmen ist juristisch geregelt, wodurch sich Werbemailings und Prospekte so ordentlich gleichen, weil sich ja niemand gegenüber seinem Mitbewerber in juristisch abmahnfähiger Form exponieren möchte. Und richtig toll ist das Markenrecht: Man registriert seine Marke und hat damit ein höchst schützenswertes Gut für sich.

    Und das mit dem Gut, das ist auch gut so. Sonst könnte ja der weltweit bekannteste Suchmaschinenanbieter auf die saudoofe Idee kommen, seinen neuen Maildienst einfach “GMail” zu nennen. Na, auf die Idee kann er schon kommen, aber wenn er es dann tatsächlich auch tut. Das geht nicht an. Markenschutzrechtsverletzungsalarm!

    Gut, dass das passiert ist. Denn nun heisst Googles Mail-Dienst eben Google Mail. Das ist auch irgendwie viel ordentlicher und entspricht damit viel mehr der deutschen Mentalität. Diese Amis, da müssen wir erst kommen, damit sie sich einen vernünftigen Namen für ihren Maildienst ausdenken.

    Das Ende der Geschichte? Nein, weit gefehlt. Wie heute bei Heise hier zu lesen ist, hat der Anwalt, der sich bisher dadurch auszeichnete, andere Leute kostenpflichtig zu behelligen, weil sie sich des Vergehens (Markenschutzrechtsverletzungsalarm!) der Versteigerung von *Mail-Einladungen schuldig gemacht hatten, wobei die eigentliche Versteigerung nicht das Vergehen war, sondern das Führen des geschützen Namens – dieser Anwalt hat heute bei Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Google untersagen soll, deutschen Nutzern E-Mail-Adressen unter der Domain gmail.com anzubieten.

    Liebe Hamburger Richter! Das war aber auch höchste Zeit. Gut, dass Ihr diese wegweisende einstweilige Verfügung ausgesprochen habt. Denn damit kehrt endlich wieder Ordnung in der deutschen virtuellen Realität ein. Oder aber Google widerspricht dieser Verfügung. Dann könnte in einem Verfahren endlich der Groteske ein Ende bereitet werden.

  • In Münster fällt ein Fahrrad um…

    Die schöne Stadt Münster in Westfalen ist nach meiner Erfahrung die deutsche Fahrrad-Hauptstadt. Direkt am Bahnhof findet sich ein Parkhaus, das für Fahrräder reserviert ist. Umfallende Fahrräder gehören zum Alltagsbild und erregen dort keinerlei Aufmerksamkeit.

    Eine Alltäglichkeit ähnlichen Kalibers schafft es in den letzten Stunden in die Schlagzeilen der IT-Welt (z.B. heise, golem): Von Typo3 gibt es ein neues Unterrelease, das unter anderem eine Minimierung der Last verspricht.

    Toll! Was ist daran jetzt so revolutionär? Genau wie James Joyce so wahnsinnig überschätzt wird, weil kaum einer ihn wirklich gelesen hat, ist ein Hype um Typo3 entstanden, der für mich nicht nachvollziehbar ist.

    • Der Rich-Text-Editor von Typo3, der ja eigentlich dazu gedacht ist, Mitarbeiter ohne HTML-Kenntnisse in die Lage zu versetzen, Inhalte zu pflegen, verhält sich abseitig von Internet Explorer und Windows, höflich formuliert, etwas merkwürdig. Unter Firefox und Linux beispielsweise gibt es da häufig abnormale Darstellungen und Abirrungen.
    • Die Philosophie von Typo3 in Hinblick auf die Verwaltung von Content ist stark gewöhnungsbedürftig. Die Präsentationsschicht im Backend ist letztlich nur dann praktikabel nutzbar, wenn eine hohe Bildschirmauflösung und eine beachtliche Bildschirmdiagonale zur Verfügung stehen.
    • So mächtig Typoskript auch ist: Die Erstellung neuer Templates und Möglichkeiten erfordert einige Tricksereien.

    Bevor ich hier nun unter Kommentaren von Typo3-Enthusiasten ersticke ;-): Von den im Betrieb von mir bemerkten Schwachstellen, lese ich andernorts herzlich wenig.

    Dabei gibt es im OpenSource-Umfeld durchaus Alternativen zu Typo3! So geht Mambo meiner Ansicht nach derzeit in der Berichterstattung total unter. Unberechtigt, wie ich finde, denn die UI für Redakteure und Administratoren ist Typo3 deutlich überlegen. Die Community ist ähnlich begeistert und agil, aber abseits der Berichterstattung. Hier wird wohl etwas unterschätzt, weil sich damit keiner beschäftigt hat.

  • Das neue Mousepad an und für sich

    Nach einigen Tagen frisch zurück im Büro habe ich die aktuelle Ausgabe des LinuxUSER vorgefunden. Die Redaktion feiert das fünfjährige Bestehen des Heftes. In einem hartumgekämpften Markt in einem Nischensegment eine beachtliche Leistung. Meine Hochachtung!

    Anlässlich des Jubiläums befindet sich im Heft ein Mousepad. Normalerweise mag ich die Dinger ja nicht so, aber als treuer Leser und ganz selten Mitschreiber des Titels wollte ich es doch mal einsetzen. Ehrlich!

    Leider löste sich das wiederablösbare Mousepad so schlecht von seiner Unterlage, dass die Hälfte des Motivs auf der Trägerfolie zurückgeblieben ist. Der intakte Teil hat dann für sage und schreibe eine halbe Stunde sein Dasein auf meinem Schreibtisch gefristet. Dann konnte ich das zerhackte Pad optisch nicht mehr sehen.

    Prima, dass es ablösbar ist! Ich hatte ablösbar aber anders verstanden, denn nun klebt der Rest des Motivs auf meinen Schreibtisch und das Pad ist nahezu durchsichtig.

    Ich wünsche der Redaktion und dem Verlag mal, dass es sich bei mir um ein Einzelschicksal gehandelt hat. Sonst gibt es bestimmt ordentlich Mecker von den Lesern…

  • Auch die Computerwoche bloggt jetzt

    Ganz im Zeichen der Zeit hat die Computerwoche nun auch ihr eigenes Redaktionsblog eröffnet. Auch die CW setzt auch WordPress. Die verwendeten Plugins lassen sich hier nachlesen. Warum und wieso überhaupt ein Blog erklärt Christoph Witte an dieser Stelle.

    Ich sage: herzlich willkommen und wünsche viele Leser!