Ach so gehts Business, oder auch nicht

Anno 1995 war es: Da habe ich in einer kleinen Unternehmensberatung meinen ersten Job mit der Aufgabe übernommen, den Bereich Internet auzubauen. Das ist lange her und seitdem gab es viele Hypes und noch mehr Flops. 10 Jahre sollten ausgereicht haben, um ausreichend Erfahrungen im E-Commerce zu sammeln, um Anfängerfehler zu vermeiden. Aber offensichtlich haben die Zeitläufte zumindest in Verlagshäusern zu einer, sagen wir mal, Erfahrungsresistenz geführt.

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In den letzten vier Wochen habe ich die Probe aufs Exempel gemacht. Ich habe mich bei insgesamt vier verschiedenen Onlineangeboten für ein Abonnement auf Probe registriert. Zwei Anbieter publizieren ausschließlich im Web, sind also auf ein funktionierendes E-Commerce-System existenziell angewiesen.

Etwas erschüttert war ich vom Ergebnis dann doch: Eines der Angebote ermöglicht einen Probezugang für 48 Stunden, stellt dann aber auf seinen Internetseiten ein komplettes(!) Inhaltsverzeichnis aller in den letzten Jahren erschienenden Artikel zur Verfügung. Dabei ist die Artikelstruktur so einfach gehalten, dass mit einem simplen WGet dank DSL alles in einem Bruchteil der Zeit auf dem heimischen Rechner landet. Großzügiges Geschenk eigentlich.

Ein anderer Anbieter ist immerhin so clever und personalisiert die angebotenen PDF-Dateien. Bereits auf der ersten Seite ist unübersehbar die registrierte E-Mail-Adresse zu lesen. Aber nicht nur hier wurde das Böse im Menschen zumindest in Erwägung gezogen. Im Rahmen des Probeabos haben Sie maximal Zugriff auf vier zurückliegende Ausgaben. Mit diesen Vorsichtsmaßnahmen war der Anbieter schon der Primus. Denn: Schon ein wenig kriminelle Energie vorausgesetzt wird aus einem Probeabo ein offensichtlich unbegrenzter Dauerzustand.

Zwar ist bei allen Angeboten während der Registrierung die Angabe von Adresse und Name obligatorisch. Eine Plausibilitätsprüfung fand aber nirgendwo statt. Lediglich die Postleitzahlen werden überprüft. Das war’s denn auch schon. Bei drei von vier Angeboten konnten sogar Straßennamen angegeben werden, die der Fantasie entsprungen. Fehlermeldungen oder Warnungen? Fehlanzeige!

Also ehrlich Leute: Jeder kleine Krämer an der Ecke, der so fahrlässig mit seinem Kapital und seiner Ware umgehen würde, wäre längst am Ende. In Zeiten funktionierender Billing-Systeme kann ich solche Unbedachtheit nicht verstehen.

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