Okay, homophob sollte man besser nicht sein, wenn man dieses Buch liest. Denn „Call me by your name“ von André Aciman ist eine schwule Liebesgeschichte. Zumindest für den, der nur die offensichtliche Handlung wahrnimmt.
Elio ist 17 und verbringt wie jedes Jahr seine Ferien an der italienischen Riviera. Der Sohn eines Gelehrten ist es gewohnt, dass alljährlich besonders talentierte Nachwuchswissenschaftler den Sommer auf Einladung des Vaters im Haus verbringen. So auch der sieben Jahre ältere Oliver, der frisch Harvard absolviert hat, und in der malerischen Umgebung an einem philosophischen Buch arbeiten soll.
Elio fühlt sich sofort zum intelligenten und schönen jungen Mann hingezogen. Doch die beiden sind zu schüchtern und ängstlich, um sich ihre Gefühle einzugestehen – bis es fast zu spät ist. Doch wenige Wochen vor der Abreise von Oliver kommt es zur ersten sexuellen Begegnung. Und aus gegenseitiger Anziehung wird eine große Liebe. Gefühle, die auch noch Jahrzehnte bestehen.
Aciman hat keinen typischen Entwicklungsroman oder eine klassische Coming-out-Geschichte geschrieben. Auch wenn die aus der Perspektive Elios geschilderten Gefühle und Begegnungen so gelesen werden können.
Im Zentrum steht nicht die Suche nach der (schwulen) Identität eines jungen Mannes, sondern eine obsessive Liebe. Eine gegenseitige Anziehungskraft, gegen die sich die zwei Individuen nicht wehren können. Wer schon einmal das große Glück erleben durfte, eine solche Liebe zu finden, wird sich an vielen Stellen wiedererkennen. „Wir hatten die Sterne gefunden, du und ich. Und das wird einem nur einmal geschenkt“.
„Call me by your name“ ist ein wunderbares Buch, voller Gefühle und ganz abseits des Kitsches. Eine Liebesgeschichte und doch auch so viel mehr. Es lohnt sich, dieses Werk zu lesen, auch wenn es darin über das Lesen heißt: „Leute, die lesen, sind Verberger. Sie verbergen, wer sie in Wirklichkeit sind. Wer etwas verbirgt, kann sich oft selbst nicht leiden“.