Ein Klischee im Sport sagt, dass Verteidigung Meisterschaften gewinnt. Das ist übrigens gar nicht so, wie die auch aus anderen Gründen extrem lesenswerte Webseite Freakonomics herausgefunden hat.
Eigentlich müssten die Hamburg Freezers aus der jüngsten Vergangenheit wissen, dass man Siege gegen einen geschwächten Gegner nicht überbewerten sollte. Aber das ist natürlich kein Gesichtspunkt, wenn es in erster Linie lediglich um Spiele für die Galerie und ein volles Haus geht. Vollmundig wird also der »höchste« Heimsieg der Clubgeschichte gefeiert. Mit 9:4 wurden die Iserlohn Rooster wieder ins Sauerland geschickt. Nach einem Spiel, das durchaus auch den Verfasser dieser Zeilen zu unterhalten wusste, der zu den 12.800 Zuschauern gehörte. Ein Spiel, das gerade das Event-Publikum begeistert haben dürfte.
Rein sportlich war das dagegen alles andere als begeisternd, wenn man an die in wenigen Wochen bevorstehenden Playoffs denkt. Die Freezers zeigten zwei Gesichter. Im Angriff druckvoll, in der Verteidigung auf Niveau der Regionalliga.
Es ist traurig, aber bei der Schilderung des Spieles muss ich auf die Seite der Iserlohner verweisen. Denn die Begegnung, die dort beschrieben wird, habe ich ebenfalls gesehen. Ein Teil der hiesigen Lokalpresse war wohl eher 30 Minuten auf der Toilette oder beim Catering.
Nur als Ergänzung zum Spielbericht der Roosters:
- Es war für Daniar Dshunussow ein Tag zum Vergessen. Das bereits in der ersten Minute kassierte Tor brachte den Iserlohner Keeper dermaßen aus dem Konzept, dass in den nächsten 10 Minuten bei ihm nichts mehr zusammenlief. Kaum ein Puck wurde festgehalten. So hatten die Hamburger leichtes Spiel und nach 13 Spielminuten stand es bereits 3:1 für die Gastgeber. Der eingewechselte Lange durfte ebenfalls gleich hinter sich greifen. Zur Pause stand es dann 4:1. Eigentlich ein beruhigender Vorsprung aus Hamburger Sicht.
- Die Roosters kamen wie die Feuerwehr aus der Kabine und waren plötzlich dran. Binnen 10 Minuten fiel die Hamburger Abwehr wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Unzufriedenheit mit der Situation stand den Spielern ins Gesicht geschrieben. Gerade der erfolgreiche Bauerntrick gegen Dimitri Kotschnew, der diesen Fehler aber später mit einem sehr guten Save bei einer 1:1-Situation wieder wettmachte, gab den Spielern vom Seilersee wieder Auftrieb. In dieser Phase zeigten die Hamburger das zweite Gesicht dieses Nachmittags. Ein Verhalten in der Defensive, das nicht einmal für die DEL2 langen würde. Mit 6:4 ging es in die zweite Pause.
- Im letzten Dritteln ging den Rooster (denen 5 Leistungsträger fehlten) dann doch die Puste aus. Und die Freezers konnten alles zum Rekordsieg klar machen.
Das 9:4 wird dem Spielverlauf nicht gerecht, zumal nach meiner Zählung allein 3 Treffer der Hamburger eher als Eigentore der Roosters zu sehen sind. Über die gesamte Spielzeit geht der Erfolg der Freezers aber in Ordnung. Die Roosters trafen einige Male das schon leere Tor nicht. Und zum Siegen gehört eben auch das Einnetzen.
13 Tore in einem Spiel erfreuen zwar das Publikum und Fernsehzuschauer. Sie sind im modernen Eishockey auch aber ein sicheres Zeichen dafür, dass da etwas nicht stimmt und es reichlich Arbeit für die Trainer gibt. So auch in Hamburg (wenn man dort die blaue Brille abnimmt): Wenn es Serge Aubin nicht in den nächsten vier Wochen gelingt, die Defensive zu stabilisieren, sind die Hamburger nicht bereit für die Playoffs. Denn zu einem Fortkommen in den Finalrunden gehört neben Offensive eben auch eine starke Defensive. Das zeigt auch die oben empfohlene Website.
Ich bin mir sicher, er wird sich erkennen. Deswegen ein kleiner Hinweis. Einige Beiträge dort werden insbesondere von fettleibigen und zur Rechthaberei neigenden Sportschreiberlingen schwer zu verstehen sein, diese sollten es nicht aufgeben, die Materie intellektuell zu durchdringen.