Stephan Lamprechts Notizen

Schlagwort: Marginalia

  • PC Welt ist nun endgültig ComputerBild 2

    Ach, was waren das für friedvolle Zeiten. Das Internet war irgendwie noch nicht so richtig erfunden und die Zeitschrift «PC Welt» war prall und dick. Gefüllt mit allerlei Workshops, Listings für Batch-Dateien oder kleinen Apps sowie wirklich fundierten Tests. Dann trat das böse Internet in die friedliche Welt der IT-Zeitschriften und die Auflagen sanken. Auch bei IDG muss das Management langsam die Nerven verloren haben und bestellte mit Harald Kuppek einen neuen Chefredakteur. Wenn Sie sich in der Branche nicht so recht auskennen sollten: Herr Kuppek war Gründungschefredakteur der «Computer BILD» und gilt in der Branche nicht gerade als weichgespülter Softie, mit dem Sie Pferde stehlen können. So wird kolportiert, dass der eine oder andere schreibende Kollege bei der «ComputerBILD» durchaus Magenschmerzen hatte, wenn der Herr Chefredakteur im Hause weilte. Nachdem derselbe im Hause Springer sehr lange an einem Konkurrenten zur Zeitschrift der Stiftung Warentest erfolglos herumgebastelt hatte, nun also die Arbeitsstation IDG.

    Mit Erfolg: Da, wo Kuppek ist, wimmelt es dann gleich vor Kästen, die einfachste Sachverhalte für Dummies am Ende eines Artikels erklären und den wenigen Inhalt, der für stolze 4,99 Euro angeboten wird, noch weiter schmälern. Und natürlich ist da auch wieder das «Internetzugriffs-Programm». Leute: Der Browser heißt nun eben Browser. Ich bemühe mich in meinen eigenen Artikeln auch Anglizismen zu vermeiden, aber komme ja nun auch nicht auf die Idee «Offenes Büro Schreibprogramm» statt «OpenOffice Writer» zu schreiben.

    Ich habe für die «PC Welt» durchaus gern geschrieben und einige Jahre Softwaretests verfasst. Was von der Rubrik übriggeblieben ist, ist symptomatisch für das ganze Heft. Eine Spalte pro Programm mit einem Bildschirmfoto und wirren Listen der Funktionen und einer Bewertung. Redaktionelle Hinweise oder eine persönliche Wertung des Autoren? Fehlanzeige! Und da wundern sich die Verlage, dass die Menschen sich auf Blogs und soziale Netzwerke verlassen? Da kämpft eine aseptische Tabelle gegen persönliche Erfahrungen und Einschätzungen von Menschen, die auch noch etwas von sich erzählen. Wer da auf Dauer gewinnen wird, steht für mich außer Frage. Schade, «PC Welt», Du hast mich lange begleitet.

  • Sind Freunde noch Freunde?

    Einen sehr nachdenkenswerten Artikel habe ich heute bei CARTA gefunden. Ich würde den Sachverhalt aber, wie viele der Kommentatoren, etwas differenzierter betrachten. Generell trifft es die Werbekampagne der »WELT kompakt« schon sehr gut: »Wir haben so viele Freunde auf Facebook, dass wir für die richtigen andere Namen brauchen«, heißt es dort sinngemäß. Tatsächlich betrachte ich viele »Freunde« in den sozialen Netzwerken lediglich als Kontakte. Menschen, mit denen ich auf die eine oder andere Weise in Verbindung getreten bin. Aber Freunde sind dort nur wenige darunter. Daraus aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Beziehungen zwischen den Menschen nicht intensiver geworden sind oder eine Analogie zu Schönheitswettbewerben zu ziehen, schießt meiner Ansicht nach über das Ziel hinaus. Die sozialen Netzwerke erlauben mir nämlich eines: Mit wirklichen Freunden, die ich aufgrund räumlicher Trennung oder selten zu vereinbarenden Zeitrhythmen nur selten treffen kann, zu kommunizieren, an ihrem Leben teilzuhaben und zu interagieren.

  • Wir haben uns getrennt – mein Faxgerät und ich

    Kennen Sie das? Da steht ein Gegenstand in Ihrer Wohnung herum, den Sie kaum noch wahrnehmen und der eigentlich nur noch Staub ansetzt. Dazu gehört mein Faxgerät im Büro, das ich heute abgeschaltet und weggeräumt habe. Nachdem ich vor knapp über einem Jahr das letzte Fax erhalten habe, bei dem es sich auch noch um Werbung gehandelt hat, werde ich es wohl kaum vermissen. Und sollte mir jemand mal wieder ein Fax senden wollen: Einfach vorher eine Mail schreiben 😉

  • Danke EU! Meine Rechte als Bahn-Reisender

    Zugegeben: Wir hatten in diesem Jahr einen etwas härteren Winter als in der Vergangenheit. Viel Schnee und Eis mag auch ab und an dazu führen, dass die Bahn nicht so vorankommt, wie sie es denn gern täte. Wer aber die Strecke zwischen Hamburg und Lübeck in den Wintermonaten genutzt hat, weiß, dass es hier fast täglich zu Verspätungen oder gar Ausfällen gekommen ist. Wer dann einen wichtigen Termin irgendwo unterwegs hat, sucht eine Alternative. Schon gar, wenn die nächste »planmäßige« Reisemöglichkeit eine Stunde später sein soll.

    So hatte ich auch Ende Februar das teure Vergnügen von meinem Heimatort nach Lübeck mit dem Taxi zu fahren, da ich dort einen nicht verschiebbaren Termin wahrzunehmen hatte. Nun denkt sich der geneigte Reisende: Über die desolate Informationspolitik und den Zugausfall kann ich mich ja beschweren. Was ich denn auch tat. Inzwischen habe ich auch Antwort. Zumindest kein Formbrief und Worte des Bedauerns. Und, aus Kulanzgründen, ein Reisegutschein über 35 Euro. Das ist zwar nur die Hälfte der mir entstandenen Kosten, aber besser als nix. Nur hatte ich vor knapp zwei Jahren eine ähnliche Erfahrung, als man die Reisenden bei klirrender Kälte mitten in der Pampa aus dem Zug kolportierte, mit dem Hinweis, es kämen gleich Busse, die dann in eineinhalb Stunden nicht kamen. Hier ersetzte die Bahn meinen Schaden, aber da gab es die Rechte für Reisende noch nicht.

    Denn auf diese pochte auch die Bahn. Danke, EU! Denn wie sind meine Rechte noch mal? Achja: Wenn die Bahn länger als 60 Minuten Verspätung habe, erhalte ich im Nahverkehr 1,50 erstattet. Nur leider werden diese unter 4 Euro nicht ausgeschüttet. Mit anderen Worten: Ich muss drei solcher Verspätungen erleiden, also dreimal Taxi fahren, um dann 4,50 Euro erstattet zu bekommen. Weitere Kommentare erspare ich mir mal an dieser Stelle…

  • Martin Suter: Der Koch

    Ich muss gestehen, dass ich bisher nicht sonderlich häufig über das Werk von Martin Suter gestolpert bin. Vor einigen Monaten habe ich dann sein Buch “Der letzte Weynfeldt” gelesen und war regelrecht begeistert. Mit großem sprachlichem Geschick hingeworfene Figuren, die authentisch und nachvollziehbar agierten, ein einfacher Handlungsstrang, der dennoch Spannung aufkommen ließ und ein überraschendes Ende. Ein kleines Meisterwerk, das als Kriminalroman daherkam. Deswegen landete auch “Der Koch” auf meinem Stapel ungelesener Bücher.

    Auch hier habe ich die gleichen Qualitäten vorgefunden. Der eigentliche Handlungsstrang ist schnell erzählt und das Ende überraschend. Die Kulisse der Handlung bildet die Schweiz im Jahre 2008, als eine schlechte Nachricht über die Finanzkrise die nächte ablöste. Seine Charaktere sind fein gezeichnet und gut beobachtet, wirken aber wie flüchtige Skizzen von genialer Kraft. Keine langen tiefenpsychologische Monologe, sondern Empfindungen und Gefühle, die aus dem Leben gegriffen scheinen. Ein schöne und kurzweiliges Buch, das sich bei ein oder zwei Gläsern Wein an einem Abend vergnüglich durchlesen lässt.