Stephan Lamprechts Notizen

Schlagwort: Marginalia

  • Open Source als Gefahr?

    Gestern empfahl der ARD-Videotext unter Berufung auf die PC Professionell den Lesern, Software, die als Open Source veröffentlicht wird, ausschließlich von den offiziellen Projektseiten oder von Zeitschriften-CDs zu installieren (welche Zeitschrift die Redakteure da wohl im Blick hatten?).

    Hacker würde den offenen Quellcode nutzen, um Hintertüren und Trojaner zu integrieren und dann auf Download-Seiten zu verteilen. Keine Frage: das ist theoretisch vorstellbar, auch wenn bei umfangreichen Projekten wie KDE & Co eher unwahrscheinlich. Aber: Diese ganzen Hintertürgeschichten würden ja nicht so prächtig funktionieren, wenn nicht jeder zweite Depp mit Administrationsrechten unter seinem ständig nach Hause telefonierenden Windows-System arbeiten würde. Zum anderen: Damit es sich wirklich für mich als Hacker lohnt, müsste ich erstens einen richtigen Knaller wie GIMP manipulieren. Zweitens die manipulierte Datei auch noch auf einer Download-Site anbieten, die über nennenswerte Besucherzahlen verfügt. Was habe ich schließlich davon, wenn ich eine selten gefragte Spezialanwendung irgendwo ins Netz stelle? Bis mein Programm sich dann auf einem System installiert, auf dem etwas nennenswertes passiert oder genügend Geld da ist, dass sich umzuleiten lohnt, kann schon eine Zeit vergehen.

    Insofern glaube ich nicht, dass sich das umsetzen lässt, ohne dass die Community davon etwas bemerkt. So bleibt dann wieder nur die Botschaft: Traue keiner Open Source, das ist Teufels Werk. Schade…

  • Nun spoolt es nicht mehr

    Da Googles Maildienst ja immer noch auf das Prinzip “Zutritt nur mit Einladung” setzt, besteht ein immenses Interesse nach den begehrten Einladungen. Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle den Service von ISnoop vorgestellt, über den sich jeder eine solche Einladung beschaffen konnte.

    Ab gestern hat es sich nun ausgespoolt. Der Betreiber der Seiten ist vom Produktmanagement von Google Mail darüber informiert worden, dass sein Dienst nicht mehr “tolerable” ist. Ein Schelm, der hier eine Verbindung zu den in den letzten Tagen aufgetretenen Erreichbarkeits- und Performance-Problemen von Google Mail zieht. Die Zahl der Neuanmeldungen mit jeweils inzwischen über 2 GB Speicherplatz wird doch das System nicht in die Knie gezogen haben?

  • Warum ich bei Microsoft Ankündigungen so skeptisch bin

    Beim gelegentlichen Kaffee mit Kollegen und Bekannten heisst es oft: “Mensch, Stephan. Wieso bist Du eigentlich immer so skeptisch Microsoft gegenüber? Du hast ja den Linux-Hau!”

    Nun, ja. Wie die geneigten Leser dieses Blogs etwa anlässlich der Ankündigungen aus Redmond zum neuen Office-Dateiformat bemerkt haben werden, breche ich nun nicht gerade in Euphorie aus, wenn das Redmonder Marketing eine Neuigkeit zu seinen Innovationen vermeldet.

    Bei Giesbert gibt es gerade eine schöne Chronik über die Ankündigungen rund um Longhorn.

    Versteht Ihr mich jetzt?

  • Ich will eigentlich nur schreiben

    Texten Sie professionell? Damit meine ich nicht die immer wieder anfallende geschäftliche Korrespondenz oder einen kurzen Report an Ihren Vorgesetzten. Verbringen fast jeden Tag ausschließlich mit Ihrer Textverarbeitung? Ich tue das und stelle immer häufiger fest, wie
    unsympathisch mir die Office-Pakete werden.

    Die Welt war idyllisch als ich mit meinem Studium begann. Wenn es Zeit war, die Seminararbeiten zu schreiben, gab es mich, meine Schreibmaschine, einige weiße Blätter und ein Konvolut aus Büchern, Notizen und Skizzen rund um eine nunmehr auf dem Dachboden verrottene Brother Schreibmaschine.

    Was aus Sicht eines Büroangestellten vielleicht als das nackte studentische
    Chaos präsentierte, war mein “Schreib-Cockpit”. Ich sah jederzeit, wie viel Text ich geschrieben hatte, konnte direkt etwas nachlesen und dann auch gleich umsetzen. Einzig die Forderung meiner Professoren mit Fußnoten zu arbeiten, war eine lästige Angelegenheit (Kennen Sie dieses Zeilenabschätzen noch?).

    Dann kam die alles revolutionierende Anschaffung eines PC. Da wurde nicht geschrieben, sondern Text verarbeitet. Und mein Schreibtisch war plötzlich viel kleiner. Nun lagen meine Notizen und Bücher rund um die Tastatur und den ausladenden Monitor verstreut; allein mir fehlte die Übersicht!

    In meinem Word 5.5 sah ich immer nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was ich gerade schrieb. Okay, das mit den Fußnoten, das ging deutlich komfortabler, aber mal eben schnell nachschauen, was denn in einem anderen Abschnitt stand, wurde mühsam. Sicher, auch Word 5.5 kannte schon die Funktion der geteilten Fenster, aber letztlich war diese Funktion nur eine Krücke, die verhindern sollte, dass ich mich in den Weiten des Textes beim Nachlesen verlor. Wie “weit” ich denn war, verriet mir in kryptischer Form eine Statuszeile am unteren Rand, wo irgendwas von Abschnitt, Spalten und Seiten stand.

    Heute ist die Welt bunter: Ich kann durch viele bunter Fenster auf meine Arbeit sehen (egal welches OS), tolle Formeln und Grafiken in meine Texte einfügen (sogar – welche Schwachsinn – Klangdateien) und werde, den Entwicklern sei dank, überwiegend bevormundet. Das eine Programm meint nach einigen Zeilen, es sei der Meinung ich wolle einen Brief schreiben, ein anderes streicht mir immer automatisch zwei Großbuchstaben am Wortanfang weg.

    Alles toll, aber: Ich will eigentlich nur schreiben. Ich will meine Arbeit tun. Mehr nicht. Dummerweise gehören zu meiner Arbeit ein paar Vorgaben. Wenn ein Redakteur einen Artikel mit maximal 4000 Zeichen Länge bestellt hat, wäre es toll, wenn ich auch irgendwo ablesen könnte, wie viel ich davon schon geschrieben habe, ohne mich durch die Eigenschaftendialoge des “Dokuments” zu klicken oder mit Makros abzukämpfen.

    Im Sinne der Bestandswahrung (wir können dem Anwender ja nicht ausgerechnet diese Funktion wegnehmen) hat sich aber an den Bedienkonzepten der Textverarbeitungen nichts geändert. MDI, SDI, ein paar Knöpfe mehr und der x-te Assistent, das war es denn auch schon. Wer mit seinem Text allein sein will, kann zwar eine Funktion aufrufen, die “Gesamter Bildschirm” heißt, die ihre Bezeichnung aber sehr wörtlich nimmt. Eine Information zusätzlich auf den Schirm zu rufen, wird zur Qual.

    Auf der Ebene unter dieser UI wird es dann noch trüber. Das beginnt mit den Kerneln der Programme. Welche Affront ein Buch zu schreiben und eventuell viel mit Bilder zu arbeiten. Okay, OpenOffice ist da nach meiner Erfahrung deutlich stabiler als andere Lösungen, aber auch dieses Programm zeigt doch hin und wieder arbeitserschwerende Merkwürdigkeiten.

    Wer dann noch tiefer in den Keller steigt, ist von der Fantasielosigkeit einer ganzen Branche erschüttert. Vielleicht will ich meine Arbeit gar nicht in “Ordnern” organisieren? Vielleicht möchte ich statt dessen etwas zu einem
    Projekt machen und wenn ich dieses Projekt starte, wird mein Text, meine
    Notizen und sogar gespeicherte URLs aufgerufen? Wenn ich mich recht entsinne, hatte OS/2 mal eine solche Funktion. Wenn ich mich nicht sklavisch an die vorgeschriebene Arbeitsweise des OS (bzw. des Desktop) halte, finde ich einen ehemaligen Schulkameraden im Internet schneller, als ein Dokument, das sich nun doch nicht am erwarteten Platz befindet.

    Ich will einfach nur schreiben und meine Arbeit so organisieren wie ich es für richtig halte. Also Ihr UI-Spezialisten, Produktmanager und Marketingleute: Lernt von anderen Lösungen! Schaut Euch etwa Google Mail an: Das kommt wunderbar ohne Ordnerstruktur aus. Mit den Labels weise ich Nachrichten Projekten zu und auf Wunsch sogar automatisch. Schaut Euch Suchmaschinen an! Ich möchte nicht extra noch eine Software auf meinem System installieren, die sich wie ein Fremdkörper einnistet. Aber die schlichte Volltextsuche in meinen Dateien dauert heute deutlich länger, als eine komplexe Abfrage von Millionen von Dokumenten im Web. Gebt Menschen wie mir Werkzeuge, die sie nutzen, ohne sich anpassen zu müssen, damit sie sich auf das konzentrieren können, was sie wollen. Wie bei mir: Einfach nur schreiben…

  • DVB-T find ich gut

    Im Blog der Computerwoche findet sich heute ein Beitrag zum Start von DVB-T in Bayern. Hinsichtlich der grundlegenden systemtechnischen Kritik bin ich mit den Kollegen durchaus einer Meinung. Allerdings mit einer Einschränkung: Auch ich hatte zunächst Empfangsprobleme als DVB-T im Hamburger Umland eingeführt wurde, obwohl ich von der Lage optimalen Empfang haben sollte. Diese Probleme hatten sich etwa zwei Wochen später von selbst behoben.

    Inzwischen reicht tatsächlich eine Stabantenne für den Empfang aus. Rein rechnerisch mag die Qualität des Signals auch schlecht sein, allein: ich seh es nicht und emfinde das Bild selbst im Vergleich zum Kabel als gestochen scharf. (Hatte ich schon erwähnt, dass ich Brillenträger bin? :-))

    Da ich mich ja auch bereits als notorischer Randgruppen-Zuschauer und Arte-Enthusiast geoutet habe, begrüsse ich sehr, dass über DVB-T viele öffentlich-rechtliche Sender ausgestrahlt werden, die so nicht über die Antenne zu empfangen waren.

    Einzig das Zappen, dem ich häufiger als ich will anheim falle, dauert halt bedingt durch die Technik deutlich länger.