Dieter Wellershoff legt mit “Der Himmel ist kein Ort” ein Alterswerk vor. Das Buch beginnt zunächst wie ein Krimi. Ein junger Pastor wird zu einer Unfallstelle gerufen, wo sich eine Tragödie abgespielt hat. Ein Familienvater ist mit seinem Auto in einen Baggersee gefahren. Seine Frau stirbt, der Sohn ist so schwer verletzt, dass er im Wachkoma liegt. Es bestehen Zweifel am Unfallhergang, sowohl bei den Ermittlern als auch der Bevölkerung der Kleinstadt, wo der Familienvater lebt.
So sieht sich der Fahrer des Unglückswagens einer regelrechten Hatz der Dorfbewohner ausgesetzt. Der junge Geistliche, der sich längst eingestanden hat, nicht mehr an Gott zu glauben, stellt Nachforschungen an. Die tote Ehefrau, immerhin 20 Jahre jünger ihr Ehemann, der als Lehrer arbeitet, hatte ein Verhältnis mit einem der Freunde des Pastors und wollte scheinbar ihren Mann am Vorabend des Unglücks verlassen.
Diese sprachlich meisterhaft erzählten Ereignisse bilden allerdings nur die Rahmenhandlung rund um Pfarrer Henrichsen, der sich mitten in einer Sinnkrise befindet, die im Versagen der eigenen Stimme mitten im Glaubensbekenntnis während eines Gottesdienstes gipfelt. Und schon tritt der Kirchenverband auf den Plan. Die Situation spitzt sich zu.
Ich muss zugeben, ich habe von Dieter Wellershoff wenig in meinem Bücherschrank. Irgendwie ist es meinen Professoren seinerzeit gelungen, mir die Lust auf diesen Autor erfolgreich auszutreiben. Deswegen bin ich froh, dass ich diesem Buch eine Chance gegeben habe, denn es ist überraschend, kurzweilig, sprachlich elegant und vor allem hintergründig. Kurz: So wie ein gutes Buch sein soll.
Klare Kaufempfehlung!