Schießt auf den Social Media Berater

Die A-Blogger der ersten Generation sind erfolgreich in den Chefetagen von Verlagshäusern angekommen. Zwar konnten Sie dort wenig gegen Auflagenschwund tun oder haben die Onlineauftritte der Zeitung für viel Geld so umgestaltet, dass diese nun wie Blogs aussehen, aber egal. Da ist mit Sicherheit viel Geld in die Beratungstätigkeit geflossen. Aber nun wächst die nächste Generation nach, und die braucht ihr Betätigungsfeld. In der aktuellen «t3n», die sich aus meiner Sicht nach der ausschließlichen Fokussierung auf Typo 3 extrem gut entwickelt hat, gibt Vivan Pein nun Hinweise darauf, wie ein Unternehmen einen guten «Social Media Berater» findet.

Anzeige

Richtig, Social Media ist die aktuelle Sau, die durch die Chefetagen getrieben wird. In ihrer Eigenbeschreibung ist Frau Pein übrigens begeisterte Organisatorin von Barcamps. Im Artikel weist sie schon mal vorsorglich darauf hin, dass ein solcher Berater natürlich richtig dicke die tollen Medien nutzen muss. Isses wahr? Aber zugleich baut sie ebenfalls auch schon mal vor, dass natürlich nicht die Zahl der Follower bei Twitter wichtig ist, sondern die Interaktion mit anderen. Ja klar, denn Reichweite haben die Berater dann doch sehr wenig, wenn bei den Followern dann mal Branchenmitglieder und Arbeitskollegen abgezogen werden.

Und da war er dann: der obligatorische Screenshot, der in einem Medium rund ums Internet natürlich wichtig ist. Darunter dann auch ein Kommunikationsberater, dessen Texte ich durchaus gern lese, allein: Nachdem er zunächst die digitale Sau «Second Life» herumtrieb, warf er sich mit Verve auf die «digitale Reputation» und nun offensichtlich auf Twitter und Facebook. Das ist auch alles soweit vollkommen richtig. Freiberufler müssen ständig neue Marktlücken identifizieren und besetzen. Allein: Wenn Sie sich mal allein die Tweets der abgebildeten Accounts so ansehen, finden Sie eine Menge absolut selbstreferenzielles Zeug: «Fahre gerade los und schreibe mein neues Buch» «@autor: Toll geht’s wieder um spannendes Social Media?». Und natürlich Links auf Statistiken, die man im Bedarfsfall dann auch selbst gefunden hätte.

Je nun: die Social Media Berater müssen uns schnöde Nutzer schon für strunzdämlich halten. Klar, wir nutzen Twitter wie Radio und freuen uns über Werbebotschaften und Gewinnspiele. Weil wir ja Konsumenten sind. Und weil wir und die Unternehmen, die uns etwas verkaufen wollen, ja gemeinschaftlich so dumm sind, erklären uns die Berater in Ihren Blogs, Tweets und Facebook-Seiten die Nutzung der Medien, die wir bereits nutzen.

Allein, strategische Gedanken habe ich in all den Quellen bisher wenig gefunden. Zu einem Berater gehört aber mehr, als nur eine Beschreibung eines Mediums, sondern eben auch eine strategische Weitsicht, die Trends antizipiert.

Und so tuckert das alles auf «Sendung mit der Maus Niveau» vor sich hin. Nur ein Beispiel:

«Ein guter Berater weiß, dass es keine gute Idee ist, das Thema Social Media dauerhaft an eine externe Agentur abzugeben. [Denn dies ist] nicht vollständig in die Unternehmenskultur integriert…»

Ja, isses wahr. Für eine Hausarbeit im Proseminar brav, aber als Unternehmen wäre ich jetzt genauso schlau wie vorher.

Nein, so geht es nicht. Das Neue am Phänomen Social Media ist doch lediglich, dass soziale Interaktion zwischen Menschen in elektronischer Form stattfindet. Ein, zugegeben, extremer Vergleich, aber, wer würde einen Staubsaugervertreter ernst nehmen, der sich in ein Gespräch einmischt und dabei sagt «Mensch, gestern hatte ich aber mal wieder gar keinen Kraftverlust an der Düse». Klingelt es?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert