Der Selbsttest im Buch von Robert I. Sutton hat eindeutig ergeben, dass ich kein Arschloch bin. Um ausgesprochene Arschlöcher geht es aber auf den fast 200 Seiten, des bei Hanser verlegten Buches. Fieslinge, die sich selbst in den Mittelpunkt stellen und Mitarbeiter und Kollegen gängeln, sind nicht nur Arschlöcher, sondern schädigen das Unternehmen. Diese wohl kaum als bahnbrechend und neu zu bezeichnende Erkenntnis beleuchtet der Autor auf unterschiedlichste Weise. So geht es ihm nicht nur darum, dass seine Leser Arschlöcher als solche erkennen, im Zweifelsfall auch sich selbst als solches einschätzen, sondern er möchte vermitteln, wie sich Unternehmen erfolgreich gegen Arschlöcher zur Wehr setzen. Das ist alles ganz ehrenwert, das Buch ermüdet aber seine Leser durch die ständige Verwendung des Begriffs, der aber sicherlich zum glänzenden Erfolg des Titels in den USA beigetragen hat. Ich war froh, als ich auf der letzten Seite angelangt war.
Schlagwort-Archive: Lektüre
Veronika Peters: Was in zwei Koffer paßt
Es ist eine fremde und erstaunliche Welt, in die Veronika Peters Ihre Leser entführt. Mit einem ganz bemerkenswerten Talent für das Erzählen gesegnet, schildert sie in ihrem Buch 12 wichtige Jahre Ihres Lebens. Den Eintritt als 21jährige in ein Kloster der Benediktiner, den Alltag des Suchens, Fragens und Arbeitens während der folgenden 12 Jahre und schließlich das Verlassen des Klosters wegen einer großen Liebe.
Dieses Buch hat mich einfach tief in seinen Bann gezogen und eine große Wissenslücke zumindest ansatzweise geschlossen, nämlich die Frage, wie es sich in einem Kloster lebt? Und damit meine ich nicht die kontemplativen Seminare der Stille für gestresste Manager, sondern den Alltag eine Novizin auf dem Weg zur Schwester. Schon allein deshalb hat sich die Lektüre gelohnt. Aber eben nicht nur deshalb: Es ist unterhaltsam, bisweilen komisch mit viel Sym- und Empathie für seine Protagonisten geschrieben. Empfehlenswert!
Eine Nacht mit Lolita
Das Buch von Rick Gekoski ist ein Beispiel dafür, wie aus einem sehr unaufgeregten Titel einer Radiosendung und einem ebenfalls unaufgeregten Titel des englischen Originals im Sinne der Verkaufsförderung etwas dicker aufgetragen wird. “Eine Nacht mit Lolita” klingt das nicht nach literarischen Skandal?
Skandale (wird von der Veröffentlichung der Lolita selbst einmal ab) sucht der Leser in diesem Büchlein vergeblich, aber was der Büchersammler und Antiquar Rick Gekoski über Erstausgaben und Autoren zu berichten weiß, ist Lesespass pur. Er berichtet von seinen Begegnungen mit Autoren (einfach amüsant zu lesen, seine Notizen zur Arbeit mit William Golding) und (wertvollen) Büchern.
Ein wunderbares Buch, dessen Autor eine deutliche Portion Selbstironie anzumerken ist!
Juli Zeh: Spieltrieb
Schon längere Zeit lag „Spieltrieb“ auf meinem SUB (Stapel Ungelesener Bücher) und wartete darauf, mit Aufmerksamkeit bedacht zu werden. Nun habe ich es endlich gelesen. Der Leser der Rezensionen und Klappentexte erstarrt zunächst fast in Ehrfurcht. Zwei Dickschiffe des Feuilletons „Spiegel“ und „Zeit“ überschlagen sich fast des Lobes.
Mein klares Votum: Spieltrieb ist keinesfalls ein Roman, den alle Schüler und Lehrer lesen sollten, wie es die Zeit postuliert. Wer der Meinung ist, dass dieses Buch ein „helles Bild unseres dunklen Zeitalters“ zeichnet, kennt dieses dunkle Zeitalter nur aus der Literatur und dem Fernsehen.
Als Labor dient Juli Zeh ein Gymnasium mit angeschlossenen Internat. Hier gehen Alev und Ada zur Schule und begegnen sich schicksalhaft. Aus Spieltrieb schläft Ada auf Wunsch von Alev mit einem Ihrer Lehrer, eine Handlung die Alev heimlich filmt, um nun den Lehrer erpressen zu können. Klar, dass es zu einem Eklat kommen muss und kommt.
Diese Handlung breitet Zeh sprachlich gekonnt und stellenweise durchaus fesselnd vor dem Leser aus. Die Meisterschaft von Juli Zeh liegt aber darin, die Handlung durch allerlei psychologische Erkenntnisse und Schilderungen von Nebensächlichkeiten auf diese Seitenzahl aufzublähen.
Wenn etwas in dem Buch passiert, liest sich das authentisch und spannend. Getrübt wird der Lesespaß lediglich durch den viel zu gravitätischen Stil, dem ich einem Thomas Mann noch abgenommen habe, Juli Zeh aber nicht.
Schotts Almanach
Von Ben Schott und seinen Werken war an dieser Stelle schon häufiger die Rede. Sein Sammelsurium hat gleichsam Unterhaltungswert wie auch Epigonen auf den Plan gerufen. Mit seinem Almanach beglückt der menschliche Datenverarbeiter nun die Sparte der Jahrbücher um ein weiteres Werk. Die FAZ hält das Buch für einen Glücklichmacher. Soweit möchte ich nun dennoch nicht gehen, aber während ich Schotts Sammelsurium zwar ebenfalls mit großem Genuss durchblätterte, habe ich in diesem Almanach wirklich fast jede Seite gelesen.
Ein wirklich interessanter Jahresrückblick 2006, aber zugleich auch mehr als das. Mit viel Liebe zum Detail, die auch dem deutschen Verlag anzumerken ist, erweitern Tabellen und Begriffserklärungen den Horizont des Buches und seiner Leser. Ich garantiere Ihnen: Dieses Buch werden Sie auch noch längere Zeit nach der Lektüre immer wieder in die Hand nehmen.