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Die Zukunft des Lesens ist digital? Das dauert noch, glauben Sie mir

Amazon will nach eigenem Bekunden inzwischen mehr elektronische als klassische Bücher verkaufen. Das klingt beeindruckend, oder? Bedeutet das nun, dass die digitale Zukunft des Lesens gekommen ist?

Ich glaube nicht. Warum? Weil Sie ein Buch einfach aus dem Regal nehmen und überall lesen können! Und Sie können es auch jedem in die Hand drücken, wenn er es ebenfalls lesen will!

Und bis die digitalen Werke einmal soweit sind, kann es wohl noch dauern.

Ich höre die Besitzer aktueller Lesegeräte wie dem Kindle oder OYO schon entgegnen, dass man natürlich über all seine Bücher lesen kann. Das weiß ich, aber es sind eben nur die Bücher, die für das jeweilige Gerät verfügbar sind.

Das Problem dahinter ist das digitale Rechtemanagement (DRM).

Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: dieser Beitrag wird jetzt kein DRM-Bashing. Ich kann Verlage durchaus verstehen, wenn Sie an die tollen Thesen eines Chris Anderson zur kostenlosen Kultur nicht so recht glauben wollen, nachdem sein Long Tail zumindest empirisch absoluter Mumpitz war. Allein die Umsetzung ist das Problem.

Aber zäumen wir das Pferd doch von vorn auf: Wer sich für E-Books interessiert und nicht ständig am Schreibtisch lesen will, wird schnell auf E-Book-Reader stoßen. Derzeit gibt es in Deutschland drei ernstzunehmende Geräte. Den Kindle von Amazon, den OYO von Thalia und schließlich die Reader von Sony.

Nur den wenigsten Lesern dürfte klar sein, dass die Entscheidung für oder gegen eines dieser Geräte keine in Hinblick auf die Technik oder gar eine geschmackliche ist. Es ist eine Entscheidung über den Lesestoff, der mir zur Verfügung steht.

Der Kindle ist recht preiswert und ein komfortables Gerät. Die von Amazon angebotenen Bücher werden problem- und drahtlos auf das Gerät übertragen und stehen auch auf ebenfalls angebotenen Leseprogrammen auf anderen Plattformen zur Verfügung. Beim eigentlichen E-Book Format setzt der Kindle auf ein Format, das einstmals von einem hoffnungsvollen Softwareunternehmen für PDAs entwickelt wurde und dann recht preiswert von Amazon übernommen werden konnte: Mobipocket. Zusammen mit der Amazon-ID bzw. Kindle-ID steht dann die Basis für eine Verschlüsselung und damit rechtliche Absicherung zur Verfügung. Wie die anderen Geräte kann auch der Kindle weitere Formate darstellen, allerdings eben nur, wenn diese nicht mit einem DRM versehen sind. Und das sind die wenigstens guten Bücher.

Der Kindle kann leider kein EPUB. Und das ist eines der Probleme für den Leser.

Der OYO kann EPUB. Und obwohl EPUB eigentlich ein offenes Format ist, haben sich die Verlage entschieden, dies durch ein DRM verschlüsseln zu lassen. Um ein verschlüsseltes EPUB-Buch zu lesen, benötige ich momentan einen anderen E-Book Reader, nämlich den OYO oder ein Modell von Sony. Das ist eigentlich albern, denn selbst wenn Vielleser sich dieser Mühe unterziehen: erwartet wirklich jemand ernsthaft, dass ich dann noch weiß, ob dieses oder jenes E-Book nun für die eine oder die andere Plattform ist?

Dem Unternehmen Adobe, das ebenso überteuerte wie teilweise unbedienbare Programme entwickelt, deren Sicherheit dabei so ausgehärtet wie ein Maschendrahtzaun ist, gelang es, den Verlagen einzureden, dass es die Lösung für ihre Probleme hat. Digital Editions ist ein Stück Software, das zumindest unter Windows und Mac installiert werden kann und sich um die Verwaltung der E-Books kümmert. Aus der Software lässt sich dann eine Kopie auf den E-Book Reader übertragen.

Damit das klappt, braucht es zwei Dinge: 1. Digital Editions muss den E-Book-Reader unterstützen. Schade, hier ist der Kindle nicht dabei. 2. Benötigt jeder Leser eine Adobe-ID, die es schnell und unkompliziert gibt. So lautet zumindest das Versprechen des Unternehmens und ein Schelm, wer sich daran stört, dass Adobe damit auch weiß, was ich lese und welche Geräte ich besitze.

Eine solche ID hatte ich übrigens auch einmal. Leider habe ich das Passwort vergessen. Auf der Webseite von Adobe versprach man mir, dass das nicht schlimm ist und man auf jeden Fall eine Lösung für mich hat. Hoffnungsvoll gab ich meine Mailadresse ein, um vielleicht wieder an der Passwort zu gelangen. Leider passierte nach dem Klick auf “Fortfahren” nichts. Bedauerlicherweise gab es nicht einmal eine Fehlermeldung. Meine ID konnte mir das System übrigens nichts mitteilen, denn meine Mailadresse wurde leider nicht gefunden. Nach dieser Rückmeldung dachte ich mir, ich lege einfach eine neue an.

Schade, denn jetzt teilte mir das System mit, dass die Adresse in Verwendung ist. Ich wurde freundlich an den Support verwiesen. Wer übrigens keine Lust zum Telefonieren hat oder eine Frage stellen möchte, weil das Support-Center gerade keine Sprechstunde hat, braucht zum Absenden seiner schriftlichen Anfrage übrigens eine Adobe-ID.

Tja dumm gelaufen. Vielleicht verstehen Sie jetzt, dass aus meiner Sicht noch einige Zeit vergehen wird, bis die Zukunft des Lesens elektronisch ist. Der klassische Informationsträger Papier hat auch seine Vorteile.