Ein Stück wiedergefundener Kindheit

Was machen Männern in einem gewissen Alter (fast) zwangsläufig? Richtig! Sie erinnern sich an die eigene Kindheit. Bei mir war es in den vergangenen Monaten verstärkt der Fall. Ein Umstand, der natürlich durch die Tatsache, dass ich Vater eines Sohnes bin, durchaus gefördert wird. Ohne jetzt darüber philosophieren zu wollen, ob dies bereits der Beginn einer solchen oder gar schon eine Midlife-Crises ist, möchte ich an dieser Stelle über die neueste Anschaffung unseres Haushalts berichten. Es begann im Jahr 1976 (ja, damals, vor den Computern und diesem neumodischen Internet). Da bekam ich eine gebrauchte Carrera Universal Bahn zum Geschenk. Wenn Ihnen das wenig sagen sollte, möchte ich hier an die stabile Bauweise und vor allem den großen Maßstab der Fahrzeuge von 1:24 erinnern. Stundenlang konnte ich mit Freunden aber auch allein davor sitzen und die kleinen Boliden ihre Runden im Kreis absolvieren lassen. Das war alles schön und toll, bis die Bahn kaputt war und es im Handel keine Ersatzteile mehr gab. Denn einerseits hatte sich Carrera das Servo-System ausgedacht, zum anderen steckte das Unternehmen in ernsten Absatzschwierigkeiten. Und die bleiben einige Jahre. In den 90er Jahren hatte ich mir aus Spaß einmal eine kleine Bahn für unter 100 DM besorgt, die zwar den Namen Carrera trug, aber nur ein Schatten von dem war, an das ich mich erinnerte. Kleine Fahrzeuge, klappernde und schlecht passende Schienen und kleine Drahtbürsten als Stromabnehmer, die schnell kaputt gingen. So landete die Bahn selbst, als auch die Erinnerungen an den Spielspaß in den hintersten Ecken. Natürlich verfolgte ich mit Interesse die ab und an im Fernsehen gesendeten Beiträge zur Renaissance von Carrera, die die Sammler und Hobbyisten wieder ernst nahmen. Zwar wurde nach wie vor in China produziert, aber die Qualität stimmte wieder. So bekam unser Sohn vor knapp eineinhalb Jahren eine Carrera Profi-Bahn. Diese ist robust und die kleinen Flitzer lassen sich auf den breiten Schienen gut beherrschen. So einmal im Monat wird die Bahn für gut eine Woche aufgebaut, aber dann möchte Junior wieder mit anderen Dingen spielen. Beginnend mit meinem diesjährigen Sommerurlaub kam aber beim Herrn Papa der Wunsch auf, sich doch erneut etwas eingehender mit seinem früheren Lieblingshobby zu beschäftigen und nach einiger Überlegung wurde Amazon damit beauftragt, ein Carrera Digital 132 Startset zu liefern. Und dies ist nun seit drei Tagen in Betrieb. Es gibt kein Video des Unboxing, es war aber dennoch fast mit einer sakralen Handlung vergleichbar. Alles ist solide verpackt und die Schienen fühlen sich so stabil an, wie die aus den 70er Jahren. Die Fahrzeuge sind für den kleinen Maßstab überraschend detailreich und vor allem so konzipiert, dass klassische Bruchstellen vermieden werden. Trägt es ein Fahrzeug im Eifer des Zweikampfes einmal aus der Kurve, brechen die Teile nicht, sondern lösen sich an den vorgesehenen Sollstellen. So überlässt der Vater seinem Sohn auch vertrauensvoller die Lenkung eines filigranen Formel 1 Boliden. Was einen Heidenspaß, verglichen mit den früheren Systemen macht, sind die Spurwechsel über Weichen, die per Handregler gesteuert werden sowie die Erfindung des Ghost-Cars. Ein Fahrzeug wird dabei so programmiert, dass es von allein über die Bahn gleitet. Bis zu sechs Fahrzeuge können auf einer Bahn betrieben werden (mit nur zwei Spuren), was für interessante Rennszenen sorgen kann. Vater und Sohn sind jedenfalls begeistert und ich habe das Gefühl, ein Stück verlorener Zeit wiedergefunden zu haben!

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