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Warum Netflix in Deutschland scheitern wird

Worüber seit Monaten spekuliert wurde, was seit einigen Wochen als gesichert schien, wurde jetzt offiziell vom Unternehmen bestätigt. Netflix kommt also nach Deutschland. Interessierte dürfen sich jetzt schon einmal auf eine Warteliste eintragen, um über den Start per Mail informiert zu werden.

Netflix kommt also nach Deutschland. Die Frage lautet aber: Warum? Ich persönlich glaube, dass der Service sich in Deutschland nicht durchsetzen wird, und zwar aus diesen Gründen.

Netflix kommt zu spät

Es ist ja nun nicht gerade so, dass Deutschland in Sachen Streaming-Video Brachland ist. Mit Maxdome und iTunes gibt es bereits zwei Services, die den Schwerpunkt auf dem Einzelabruf von Filmen setzen.

Bei Maxdome gibt es neuerdings auch eine Flatrate, die ich indes nicht ernst nehmen kann. Eine solche nur für einen Teil des eigenen Angebots zu offerieren, spricht nicht gerade für tiefgreifende Kenntnisse in Sachen Preisfindung. Und hat für mich nichts mit Flatrate zu tun.

Watchever bietet jetzt schon seit zwei Jahren eine echte Flatrate für Spielfilme und Serien und ist mit unter 10 Euro verglichen mit Pay-TV oder Kabel durchaus erschwinglich. Meine eigenen Erfahrungen damit, habe ich schon vor längerer Zeit aufgeschrieben.

Und nun auch noch Amazon Prime, das ja nicht nur das Videoangebot umfasst, sondern auch für den preiswerteren Versand der bestellten Artikel der Versenders sorgt.

Die Hürden auf dem Weg zum Markteintritt sind somit für Netflix durchaus beachtlich. Das Angebot musst schon deutlich größer als bei der Konkurrenz sein, oder bei vergleichbarem Angebot ein noch attraktiverer Preis unterbreitet werden, um zufriedene Kunden eines Mitbewerbers zum Wechsel zu bewegen. Und das wären dann also weniger als 5 Euro pro Monat oder deutlich unter 3 Euro für einen Einzelabruf, falls ein solcher ermöglicht werden soll.

Beim Angebot zweifle ich stark (dazu gleich noch mehr) und bei den Preisen auch. Klar, kann man zunächst einen Dumping-Preis anbieten, um zu versuchen, eine kritische Masse an Zuschauer zu gewinnen. Nur kostendeckend ist das dann nur nicht.

Der Lizenzmarkt ist leer

Der Preis ist bei einem Streaming-Angebot meiner Ansicht nach eine wichtige Sache. Noch größere Bedeutung hat aber sicherlich die Angebotspalette. Und da sind wir beim Thema Lizenzen, Lizenzinhaber und Streaming. Und das wird die Herausforderung von Netflix werden und dafür sorgen, dass der Dienst letztlich nur die gleiche Filme und Serien senden wird, wie sie auch bereits jetzt im Markt verfügbar sind.

Es gibt einen begrenzten Teil an Lizenzinhabern. Aktuelle „Blockbuster“ stammen aus einem noch begrenzteren Kreis von Produzenten (HBO, Carnival etc.), die sich nun teilweise auch noch exklusiv an einen Streaminganbieter binden.

Was sich da hinter den Kulissen abspielt, ist der gleiche Quatsch, den die älteren unter Ihnen noch von der Einführung der Videosysteme kennen. Damals meinten die Hersteller von Betamax oder Video 2000 ebenfalls, durch Exklusivabkommen ihre Systeme aufwerten zu können.

Das Problem an den Lizenzen: Sie sind nun leider nicht für jeden Film und jede Serie umfassend. Zum Beispiel Originalton. Sie möchten „Sopranos“ oder „Dexter“ mit Originaltonspur sehen? Dann muss diese in der Lizenz auch enthalten sein.

Häufig genug ist der Originalton aber nicht in dem Streaming-Master, den Watchever oder auch Maxdome zur Verfügung gestellt bekommen, enthalten. Macht ja nix, werden Sie einwenden. Dann nimmt mal halt die Tonspur von der DVD, oder? Das wiederum ist technisch aber nicht so einfach möglich und vor allen Dingen durch die Lizenz der DVD nicht abgedeckt.

Abgesehen davon wird es noch für eine Weile Rechteinhaber geben, die zu ihren Werken keine Streaming-Lizenz vergeben. Dass ich jemals „StarWars“ bei iTunes oder Watchever finden werde, halte ich für so wahrscheinlich wie das Herabfallen des Himmels auf unsere Köpfe.

Für den Konsumenten bedeutet das:

  • Was Sie derzeit nicht bei iTunes, Watchever oder Maxdome finden, werden Sie auch nicht bei Netflix sehen.
  • Es sei denn, wir sprechen von Serien und Filmen, die es nie bis zum europäischen Start geschafft haben.
  • Und die Filme und Serien, an die sich erinnern und gern wieder sehen würden, um Kindheitserinnerungen aufzufrischen, liegen nicht als Streamingangebote vor.

Ein Blick in das jetzige Angebot von Netflix bestätigt mich übrigens stark in dieser Ansicht.

Bürde der Vorschusslorbeeren

Seit Monaten wird über den möglichen Eintritt von Netflix in den deutschen Markt spekuliert. Wer aufmerksam die Berichte gelesen hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass hier endlich der Erfinder des Streamings endlich sein heilbringendes Angebot eröffnet. Die Autoren haben sich offensichtlich nie darum bemüht, sich per VPN das Angebot von Netflix auch tatsächlich anzusehen.

Natürlich genießt Netflix in den USA einen hervorragenden Ruf, vor allen Dingen als Wettbewerber gegenüber teuren Kabelanschlüssen. Und natürlich ist das Angebot an (US-)Serien vollständig. Aber darüber, ob es etwas in Deutschland ein Erfolg wird, entscheiden nicht ein paar Nerds und Geeks, die jede Serie unmittelbar nach Ausstrahlung in den USA auch gleich im O-Ton konsumieren wollen. Sondern eben die breite Masse, und die will eben synchronisierte Sendungen sehen (hier sind die Deutschen aber nun so gar nicht anders, als die Amerikaner selbst). Und damit sind wir wieder beim Thema Lizenzen. Am Ende werden Konsumenten und Journalisten feststellen, dass Netflix nun einfach nur ein weiterer Streaming-Anbieter ist.

Unterschätzen der Kinderkrankheiten

Man sollte vermuten, dass in einem Unternehmen wie Amazon genügend Daten und Erfahrungswerte in den Köpfen der Mitarbeiter vorliegen, um aus dem Stand heraus ein funktionierendes und zuverlässiges Streaming-Angebot an den Start zu bringen. Sollte man vermuten.

Wer in den Abendstunden (besonders, wenn das Fernsehprogramm eher bescheiden ist) mal versucht, Amazon Prime zu nutzen, stellt ganz verblüfft fest, dass der E-Commerce-Riese ebenfalls nur mit Wasser kocht. Da wird gepuffert, dass es eine Freude ist und auch die Hänger stehen den Anfangstagen von Watchever in nichts nach. Und das soll Netflix aus dem Stand heraus besser machen? Welche Annahme spricht denn dafür? Nur, weil die Marke bekannt ist?

Fazit: Ich bin gespannt darauf, die Entwicklung von Netflix in Deutschland zu beobachten. Und natürlich ebenso zu sehen, ob ich mich geirrt haben sollte.

Ich glaube das aber nicht.