Was läuft schief im deutschen Eishockey? Teil 1

Dies wird ein längeres Posting. Oder besser – es wird eine ganze Reihe von Artikeln werden, die sich alle um ein Thema drehen: Eishockey in Deutschland.

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Also wenn Sie sich nicht für den (oft so genannten) schnellsten Sport der Welt interessieren, suchen Sie sich hier gern anderen Lesestoff aus.

Was habe ich mit Eishockey zu tun?

Beruflich nichts (das kann ja noch werden), als Leidenschaft und Hobby viel. Meine Sozialisation mit diesem Sport ist verbunden mit klingenden Namen. Spieler wie wie Karl Friesen, Erich Kühnhackl, Gerd Truntschka, Didi Hegen, Wayne Gretzky, Mario Lemieux – habe ich live oder am Fernsehschirm verfolgt. “Völlig losgelöst spielt nur der MERC” – gesungen zur Melodie des NDW-Klassikers, hallt noch in meinen Ohren.

Ob DEL, NHL oder auch Oberliga – ich liebe die Dramatik, die Geschwindigkeit und die Emotionen beim Eishockey. Und gerade weil ich diesen Sport liebe, möchte ich aus meiner Sicht einfach einige Punkte loswerden und als Grundpositionen für eine Diskussion in den Raum des Internet stellen. Punkte, die mich mit Sorge erfüllen, die mich ärgern, die mir unverständlich sind. Allesamt aber Punkte, die letztlich dazu beitragen, dass dieser Sport in den Medien nicht die Aufmerksamkeit findet, die er verdient. Punkte, die aus meiner Sicht dafür sorgen, dass Deutschland auch in Zukunft im Eishockey zwar kein Entwicklungsland ist, aber auch keine Spitzenstellung einnehmen wird.

Die Beiträge werden aber nicht nur einfach ein Rant. Wenn mir eine Lösung für ein Problem einfällt, dann werde ich die auch gern zu skizzieren versuchen.

Worum wird es gehen?

In diesen und den nächsten Beiträgen möchte ich für meinen Lieblingssport werben. Ich hinterfrage bewusst “Traditionen” und werde mich u.a. mit diesen Fragen und Tatsachen beschäftigen:

  • Saisonmodus der DEL
  • Marketing der Profiligen (DEL und DEL2)
  • Sportlicher Wert der DEL
  • Der (falsche) ruinöse Wettbewerb in den Ligen
  • Schiedsrichterleistungen und Schiedsrichterausbildung
  • Nachwuchs und Nachwuchsförderung (Profis bis Oberliga) .

Da ich aber auch noch ein Leben neben diesem Sport habe, erscheinen die Beiträge in eher loser Reihenfolge.

Die DEL und ihr seltsamer Saison-Modus

Ich beginne, frei nach dem Motto, dass der Fisch immer vom Kopf aus mit dem Gestank beginnt, mit der Deutschen Eishockey Liga (DEL).

Den Bundesverband lasse ich bewusst an dieser Stelle weg. Hier liegt so viel im Argen, dass ich keine Zeit habe, darüber zu schreiben. Der Schlüssel für viele Probleme auf Ebene des Bundesverbandes bilden Personalien und das Kleben von Menschen an ihren Stühlen.

14 Profivereine spielen jeweils 52 Spiele in der DEL. Gegen jeden Konkurrenten geht es zweimal auf fremden Eis, zweimal in der eigenen Halle. Am Ende dieser Vorrunde geht es dann in die Playoffs.

Wir Eishockey-Fans kennen das Prozedere. Letztlich ist die Hauptrunde ein Spiel für die Galerie. Der Meister wird in einer kurzen Folge von Spielen ermittelt. Hier macht die DEL keinen Unterschied zu anderen Ligen, insbesondere aber dem großen Vorbild NHL.

Der Unterschied zur NHL besteht allerdings darin, dass die Vorrunde der DEL keinerlei sportlichen Wert besitzt.

Wer sich in der NHL anstrengt, erreicht die Playoffs (ich lass mal die komplizierteren Wildcard-Regelungen für Sie weg). Das sind dann gut die Hälfte der teilnehmenden Clubs. Das erscheint aber immer noch fair. Man muss konstant über das Jahr oben mitgespielt haben, um am Ende auch eine Chance auf den Titel zu besitzen.

Anders in der DEL: sie verfügt über die Besonderheit, dass die Plätze 7–10 in einer Vorrunde um die Plätze 7 und 8 für die Playoffs spielen.

In Gesprächen mit Menschen, die ich versuche, zu einem Besuch eines Eishockey-Spieles zu überzeugen, werde ich immer gefragt, was denn die Schinderei der Vorrunde soll.

So richtig zu erklären ist das dann nicht. Der Sieger der Vorrunde erhält eine kleine Geldprämie für die Fanarbeit. Das war es dann aber auch bereits. Ein wie auch immer gearteter sportlicher Vorteil ergibt sich daraus nicht.

Nicht, dass Sie das falsch verstehen. Ich habe nichts gegen Playoffs. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Eishockey. Ich finde nur die Herangehensweise der DEL absurd. Denn 10 von 14 Vereinen können sich rechnerisch Hoffnungen auf den Titel machen. Das wären vergleichbar 21 Mannschaften in der NHL. Versuchen Sie das mal einem Korrespondenzpartner in den USA klar zumachen.

Mein Vorschlag zur Aufwertung der Hauptrunde:

  1. Abschaffung der Pre-Playoffs. Wenn man denn unbedingt die schlechteren Teams der Vorrunde noch einmal beschäftigen wollte, ließen sich da mit Sicherheit noch andere Gelegenheiten finden. Zum Beispiel das Spiel um den Klassenerhalt. Doch dazu in einem anderen Posting mehr., wo es um den sportlichen Wert der DEL überhaupt geht Die Playoffs der DEL werden von den Plätzen 1–8 der Vorrunde ausgespielt.
  2. Damit sich die Plackerei der Tabellenersten auch lohnt, plädiere ich für die Einführung eines Systems, das etwa in Österreich zum Einsatz kommt. Dabei wählen sich die Teams die Gegner der ersten Runde selbst. Der Tabellenerste hat als erster das Wahlrecht und sucht sich seinen Gegner für die Playoffs aus. Das wird nicht unbedingt der Verein auf Platz 8 sein, sondern die Mannschaft, die sich (vermeintlich) einfacher “spielen” lässt. Der Zweitplatzierte hat das zweite Wahlrecht, der Drittplatzierte das dritte etc.

Damit lohnen sich dann die Anstrengungen, möglichst nach oben in der Tabelle zu gelangen. Nicht nur wegen des Heimvorteils, sondern auch, weil sich der “angenehmste” bzw. “einfachste” Gegner aussuchen lässt.

Und Ihre Meinung dazu?

Disclaimer: Ich bin Fan der Hamburg Freezers und der Crocodiles Hamburg. Wie Sie den Artikeln aber entnehmen werden, hat beides keinen Einfluss auf meine Sichtweisen zum Sport selbst.

4 Gedanken zu „Was läuft schief im deutschen Eishockey? Teil 1

  1. Jacob Jensen

    Da es ja um Entwicklung und Wandel geht, und hier mit DEL Saisonmodus anfängt, kurz meine 2Cents dazu:
    Der Vergleich reguläre Saison NHL zu DEL hinkt in dem Punkt, dass die NHL mehr entwickelt ist. Sieht man NHL von 1990 an, als hierzulande die von vielen Romantikern/Traditionalisten “gute Bundesligazeit” herrschte, dann waren dort 21 Teams unterwegs, von denen 16 in die Play Offs gekommen sind – und hier sehen auch viele NA’ler romantisch die gute Zeit der Adams Division, Norris, etc…da ist halt fast jeder in die Play Offs gekommen.
    Momentan durchläuft die DEL, die sich vom Modus her nichts vorwerfen lassen muss da er für ihre Verhältnisse seit ein paar Spielzeiten konstant ist und eine gewisse Spannung bis zum Schluss der reg.Saison birgt (abgesehen wenn DEG Rumpf Teams am Start sind), eine positive Entwicklung hin zur gefestigten Liga – vielleicht sehen wir ja, je nachdem wie die DEL2 sich entwickelt und die Standorte ausgebaut werden, bald eine DEL mit 16 Teams in der die besten 8 in die Play Offs kommen und eine Verzahnung nach unten eröffnet wird. Daher lasse ich für mich Ihre Einleitung “der Fisch stinkt vom Kopf” nicht gelten. Ausser der Kopf bezieht sich auf den DEB, aber die Richtung wurde ja erstmal bewusst ausgelassen und kommt ja im weiteren Verlauf dieser Serie (u.a. Schiri-Ausbildung).
    Die reguläre DEL Saison hat nichtsdestotrotz enormen Wert, sie ermöglicht den teilnehmenden Spielbetriebs-GmbH’s in 26 Heimspielen genügend Einnahmen zu generieren um für die Zuschauer hier die bestmöglich bezahlbaren Spieler zu zeigen, die jedes Wochenende hart arbeiten – und wenn einige dabei sind die Sachen für die Galerie zeigen, unterhält es doch sehr.

    Antworten
    1. Stephan Lamprecht, Ahrensburg Beitragsautor

      Hallo, Jacob (?), Deine Mailadresse suggeriert eigentlich einen anderen Vornamen,

      “Die reguläre DEL Saison hat nichtsdestotrotz enormen Wert, sie ermöglicht den teilnehmenden Spielbetriebs-GmbH’s in 26 Heimspielen genügend Einnahmen zu generieren um für die Zuschauer hier die bestmöglich bezahlbaren Spieler zu zeigen, die jedes Wochenende hart arbeiten – und wenn einige”

      Das ist der wichtigste Punkt. Sie / Du sprichst von Einnahmen der regulären Spielzeit. Die sind wichtig. Keine Frage. Aber (dazu komme ich ja noch) wenn die Pre-Playoffs lediglich dazu gedacht sind, zusätzliche Einnahmen zu generieren, gäbe es sicherlich andere Optionen.

      Ich sprach vom sportlichen Wert: Spieler, Vereine und Fans geben während der regulären Saison ihre bestes und hoffen, darauf, dass ihr Verein auf den ersten Plätzen abschließt. Aber sportlich notwendig ist das streng genommen ja nicht. Und versteh die Serie nicht falsch. Ich habe die Rückschau nur gemacht, um zu erklären, warum ich über den Sport schreibe. Es soll schon um die aktuellen Verhältnisse gehen.

      Vielmehr würde mich interessieren, welche Argumente denn gegen die PO Teilnahme nur der ersten 8 Vereine aus Deiner Sicht sprechen. Und diese acht zusätzlich zu belohnen, in dem sich die ersten Plätze ihren Gegner auswählen.

      Würde das nicht auch aus Deiner / Ihrer Sicht mehr sportlichen Wert haben, als der bisherige Modus? Oder anders herum. Wenn man am Pre-PO festhalten wollte. Wieso werden die Team nicht dadurch bestraft, dass hier Bestoff 5 oder Bestoff 7 durchgängig genutzt wird. Dann wären die Teilnehmer wenigstens durch die 7 zusätzlichen Spiele in den Knochen etwas hinter den anderen zurück.

      So einen richtigen Einwand, außer, die DEL ist gefestigt und der Modus ist richtig, habe ich jetzt noch nicht herausgelesen.

      Beste Grüße
      Stephan

      Antworten
      1. Jacob Jensen

        Hallo Stephan,

        Tarnen und Täuschen sind sehr wichtig, werde mir eine weitere Mailadresse zulegen müssen wie es scheint – oder du (nutzen wir das mal unkompliziert) drehst es bis es passt.

        Zum Thema:
        Das aktuelle System der DEL als geschlossene Liga erzeugt in der Hinsicht Spannung in der regulären Saison, als dass es vier Push Phasen gibt: Push hin zu Platz 1 und damit CHL Qualifikation, Push hin unter die ersten 4 für das Heimrecht, Push hin unter die ersten 6 um die Pre Play Offs zu vermeiden und Push hin unter die ersten 10 zur Teilnahme an der Post Season.
        Nimmt man die ersten 8 hat man einen Spanungsbogen weniger, es gibt derzeit keine Verzahnung zur DEL2 hin und eine sportlich wertlose Consolation Round findet auch nicht statt; ein „Rennen“ um Draftpositionen oder das Einbauen/Heranführen von Prospects gibt es hier bekanntlich auch nicht, um in der Schlussphase der reg.Saison den abgeschlagenen Teams Optionen zu geben.
        Die angesprochene Pick Round, wie sie in der EBEL praktiziert wird, halte ich für ein semi-gefährliches Instrument: keiner kann garantieren das die sportliche Leitung den geeignetsten Gegner wählt oder im Hintergrund die Geschäftsführung auf Nummer sicher geht und den wirtschaftlich attraktivsten Gegner wählen lässt.
        Zur aktuellen Situation: Pre Play Ofs in Best-of-5 oder Best-of-7 ist terminlich nicht darstellbar, aber eine Straffung der Pre Play Offs mit Back-to-Back Spielen in maximal 4 Tagen durchzuwalzen wäre sinnvoll um die angesprochene Knochenmühle zu erzeugen und den Top 6 Teams eine gut dosierte Regenerationszeit einzuräumen. Aus meiner Sicht darf es ohne Modusexperimente weitergehen bis die Verzahnung mit DEL2 hergestellt wird, das ist der Punkt der schnellstmöglich angegangen werden muss.

        Cheers
        Jacob

        Antworten
  2. Pingback: Entwicklung von Eishockey in Deutschland - Eishockey-Magazin

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