Mac OS Lion und NAS: Apple zeigt Zähne

Gestern war es nun endlich soweit. Meine Twitter-Timeline verstopfte sich mit den Hinweisen, dass “Lion” nun endlich erscheint. Einige Follower waren dann auch so freundlich, den aktuellen Fortschritt des Download-Balkens zu kommentieren. Das werde ich sicherlich als Anregung aufgreifen und bei den nächsten Updates meiner Ubuntu- und Windows-Systeme live berichten.

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Für die Nutzer von NAS Speichern wie dem Western Digital My Book oder der Synology DiskStation DS211j steht eine extrem kritische Überraschung ins Haus. Denn wie etwa in diesem Artikel kommuniziert wird, werden diese Geräte von Lion sowohl bei der Nutzung via Time Machine als auch als AFP-Freigaben abgelehnt.

Hintergrund ist eine Veränderung des zugrunde liegenden Protokolls. Diese Anpassung durch Apple ist zwar schon eine Weile her, aber bisher hat, unbemerkt vom Anwender, das Betriebssystem lediglich eine Abweichung moniert, aber trotzdem klaglos mit dem Gerät zusammengearbeitet. Jetzt zeigt der Löwe aber seine Zähne und verweigert die Zusammenarbeit.

Das Problem tritt natürlich bei offiziellen Apple-Produkten nicht auf. Kein Wunder. Allerdings hatte und habe ich nicht vor, dem Konzern für ein einfaches NAS mit noch nicht einmal besonders hochwertigen Festplatten zu viel Geld in den Rachen zu schmeißen. Zumal TC auch für eine heterogene Umgebung wie der meinen (Mac, Win, Linux) auch nicht in Frage kommt.

In den diversen Foren steigt die Zahl der Beiträge, die sich genau auf dieses Problem bezieht. Dumm, wenn auf dem NAS wichtige Daten liegen, auf die jetzt nicht zugriffen wird. Es sei denn, man versucht die Laufwerke fummelig als Windows-Freigaben einzubinden. Was aber das Problem mit Time Machine nicht löst.

Dieses kleine und missliche Beispiel zeigt, wie gefährlich der inzestuöse Mikrokosmos von Apple eigentlich ist. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich liebe mein MacBook Pro. Aber Lion zeigt, wie die (Marketing-)Maschine Apple funktioniert.

  • Kritiklose Vorberichterstattung in der Fachpresse: Zu dem Problem NAS und Time Machine gab es kaum einen Bericht in der einschlägigen Fachpresse. Volker Weber hat in einem Blogpost darauf hingewiesen. Und auch bei der MacWelt fand sich im Vorfeld ein Artikel. Viel mehr habe ich da aber nicht gefunden. Stattdessen bereits vor Monaten tolle Screenshots der neuen Oberfläche und wie phänomenal die Gestensteuerung funktioniert. Ob Datensicherheit wichtiger als optischer Schnickschnack ist, muss aber jeder Anwender selbst entscheiden.
  • Gezieltes Streuen von Gerüchten: Apple versteht es seit Jahren, die Stimmung vor einem Release unter seinen Jüngern anzuheizen. “Die neue Version kommt in X Tagen”. “Nein, doch nicht, aber in X Tagen”. So auf die Folter gespannt, möchte natürlich jeder von Anfang an dabei sein.
  • Immer stärkere Abschottung der eigenen Welt: Der AppStore, der eine immer zentralere Rolle spielt, das engere Verweben von OS und eigenen Cloud-Diensten und jetzt das Zurückweisen von externen Geräten. Apple versucht die Nutzer in seine Welt zu ziehen. Solche Lock-In-Effekte sind aus Sicht eines Unternehmens durchaus legitim, Sie fangen spätestens dann an gefährlich zu werden, wenn ich als Konsument tatsächlich keine Wahl mehr habe und nicht auf Alternativen setzen kann.

Wahre Apple-Jünger werden mir jetzt vorhalten, dass sich die Gerätehersteller ja auch von Anfang an, vollständig an die Spezifikationen des AFP-Protokolls hätten halten können, dann wäre das nicht passiert. Klar, das ist eine Sichtweise. Allerdings zeigt sich gutes Design und Benutzerfreundlichkeit bei einem Betriebssystem unter anderem auch in der Behandlung von Fehlern. Sich wie eine Primadonna auf den Standpunkt zu stellen, dass eine externe Anwendung oder Komponente einfach zurückgewiesen wird, weil sie nicht der Spezifikation entspricht, ist schlicht arrogant und ganz schlechter Stil.

Um genau diese gefährlichen Anwandlungen zu kaschieren, wird die sympathische Figur des Steve Jobs gebraucht. Letztlich dürfte das auch der Grund sein, warum sich ein schwerkranker Mann jetzt seit Jahren auf die Arbeit schleppen muss. Denn wäre Apple einfach nur ein Aktienunternehmen, wäre die Berichterstattung mit Sicherheit kritischer. Denn was die Vereinnahmung der Anwender und das Speichern von Profilinformationen betrifft, ist aus meiner Sicht der Konzern nicht eine Spur weniger “böse” als Google oder Microsoft.

14 Gedanken zu „Mac OS Lion und NAS: Apple zeigt Zähne

    1. Stephan Lamprecht, Ahrensburg Beitragsautor

      Hallo,

      dass es eine Beta für die Synology gibt, ist mir bekannt. Ich installiere aber persönlich niemals Betas auf Produktivsystemen. Auch Netgear hat schon einen Patch zur Verfügung gestellt. Eine andere Alternative besteht aber natürlich auch darin, Lion noch nicht zu installieren. Kunden von WD schauen derzeit noch in die Röhre. Und mit viel Gefummel auf der Konsole kann man auch das alte Autorisierungsverfahren für AFP aktivieren. Nur dann geht Time Machine unter Lion mit alten NAS immer noch nicht.

      Beste Grüße
      Stephan Lamprecht

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  1. Mark

    Hi Stephan,

    stimme voll mit Deiner Analyse überein. Ich selbst bin grds. ein sehr zufriedener Apple-User. Und das seit ca. 10 Jahren. Habe mit einem nicht-intel-basierten iMac angefangen. Dann Intel-ibook, jetzt neuer iMac mit Lion. Und siehe da, Synology NAS funktioniert nicht mehr.

    Klar reagieren Synology und andere schnell. Und ich habe auch keine Sorge vor einer beta-version. Aber die Vorgehensweise von Apple ist schon krass. Ich bin davon überzeugt, daß diese Abschottungspolitik und in der Folge das Schaffen von Abhängigkeiten beim Anwender zu einer Marktbereinigung kommen wird.

    Gruß
    Mark

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  2. Jens-Erich Lange

    Wenns nur das NAS wäre… ich hab eine ca. 4 Jahre alte LaCie mit dem selben Problem. Viel interessanter finde ich die Frage: Warum kann ein Lion nicht die Freigaben eines anderen Lion verwenden??? Ich krieg hier fast noch die Krise 🙂 Die Macs sehen die Windows Kiste, Die Windows-Kiste sieht die Macs. Der eine Lion nur den anderen nicht… “Verbindung fehlgeschlagen”… seufz

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  3. Joachim Büchse

    Finde den Artikel etwas neben den Schuhen. Es gibt seit vielen Jahren eine Spezifikation was ein Gerät implementieren muss, damit es TimeMachine kompatibel ist. Lion Vorabversionen gab es übrigens ebenfalls reichlich.

    Im konkreten Fall liegt das Problem in erster Linie daran, dass Apple DHCAST128 (basierend auf CAST-128) nun nicht mehr für die Authentisierung zulässt, sondern nur noch das stärkere DHX2.

    Die meisten Anbieter von NAS-Geräten (und insbesondere Synology) sind aber beim Aktualisieren der unterliegenden Packages extrem schlampig – Eigenentwicklung findet sowieso nur am GUI statt oder in Form von Forks deren Verbesserung nicht Upstream zurück gereicht werden. Die mangelnde Unterstützung durch ihre “Kunden” haben übrigens auch die Autoren von netatalk kürzlich scharf kritisiert.

    Die Kritik in Ihrem Artikel finde ich daher in etwa so, wie wenn man sich im Namen eines “Browser Herstellers” beschwert welcher lediglich die IE3 Engine in ein neues GUI gehüllt hat und nun GoogleMail nach 2 Jahren Vorankündigung keine HTTPS Verbindungen mehr mit RC4 zulässt, da der Cipher nicht mehr dem Stand der Technik entspricht.

    Ich selbst habe auch eine Synology als TimeMachine Host zu Hause. Im Moment bin ich aber ehrlich gesagt froh über Apples Schritt, da den Benutzern nun endlich mal vor Augen geführt wird mit was für Patchlevels diese Hersteller arbeiten.

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    1. Stephan Lamprecht, Ahrensburg Beitragsautor

      Hallo, Joachim,

      Ich selbst habe auch eine Synology als TimeMachine Host zu Hause. Im Moment bin ich aber ehrlich gesagt froh über Apples Schritt, da den Benutzern nun endlich mal vor Augen geführt wird mit was für Patchlevels diese Hersteller arbeiten.

      Ehrlich? Das interessiert mich als Anwender gar nicht. Und Deine Antwort geht am Kern meiner Kritik vorbei. Apple schottet sich ab. Ich würde gern mal das Geschrei lesen, wenn sich MS so verhielte und in vielen Büros plötzlich Stillstand herrschte. Und wenn wir schon genau sein wollen, geht es ja wohl auch in erster Linie darum, dass die Entwickler, die den Unterbau für AFP in zahlreichen NAS geliefert haben, plötzlich Geld von den Herstellern haben wollen. Gepriesen sei der Opensource-Gedanke, gell?

      Wie ich schon schrieb: Zu einem guten OS gehört auch Fehlertoleranz. Und natürlich sind Apple eigene Produkte nicht betroffen. Wie kommt das bloss…

      Grüße
      Stephan

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  4. sn

    Danke für die schöne Analyse. Auch ich musste mit Erschrecken feststellen, dass mich Lion von meinen externen WD USB-Platten sowie meiner alten Buffalo NAS getrennt hat.
    Zum Glück habe ich noch eine alte PC-Gurke zuhause. Ich werde versuchen so wenigstens wieder Zugriff auf meine Daten zu bekommen und hoffe auf ein baldiges Update zu Lion.
    Hoffentlich zeigt sich Steve Jobs einsichtig.

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  5. Schiepell

    Ja, auch ich habe mich von der ” Marketing Maschine ” einlullen lassen. Alles wird besser, schneller, schöner und leichter. War auch gleich dabei, um mir Lion zu laden, was dann auch 3 Stunden gebraucht hat. Na ja, wenn man(n) so ungeduldig ist. Lion installiert, erster Eindruck, toll. Dann ging es in die Tiefe. Aus beruflichen Gründen brauche ich ja nun auch ‘n Windows-PC. Habe noch ein altes NAS-System von Level-One im Netzwerk. Dies tut es ja bis heute noch, und ich sehe nich ein, warum ich mich davon trennen soll, weil ein Konzern dies so will. Is über die Jahre so gewachsen. Zugriff vom Win7-PC, Mac mini, Macbook im Netzwerk war auf NAS problemlos möglich. Auch der Zugriff auf meine Daten von ausserhalb funktioniert prima, und dies schon einige Jahre. Ne Weile rumgebastelt, aber Zugang mit Lion auf NAS nicht möglich. Lion auf CD gebrannt, falls bessere Tage kommen, deinstalliert und nun läuft wieder das gute alte OS X 10.6.8.
    Zum Artikel: Ich finde diesen sehr objektiv. Er beschreibt genau das so, wie ich es auch nicht besser sagen könnte. Klugscheisser-Sprüche helfen da eben auch nich weiter!!!

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    1. Stephan Lamprecht, Ahrensburg Beitragsautor

      Hallo,

      vielen Dank für die netten Worte zum Artikel. Ich habe Lion auf dem Produktivsystem auch erst einmal eingetuppert und warte dann mal auf die diversen Patches. Allerdings bekleckert sich momentan auch das Unternehmen Western Digital nicht mit Ruhm. Für die vielgepriesenen weißen MyBooks gibt es immer noch kein Firmware-Update. Das schafft ja nun totales Vertrauen in die Datensicherheit solcher Geräte.

      Grüße
      Stephan

      Antworten
  6. mschmitt

    >>>

    Allerdings zeigt sich gutes Design und Benutzerfreundlichkeit bei einem Betriebssystem unter anderem auch in der Behandlung von Fehlern. Sich wie eine Primadonna auf den Standpunkt zu stellen, dass eine externe Anwendung oder Komponente einfach zurückgewiesen wird, weil sie nicht der Spezifikation entspricht, ist schlicht arrogant und ganz schlechter Stil.

    <<<<

    Halt eben genau nicht, genau diese Denkweise hat Microsoft dahin geführt wo sie heute stehen. Ein Betriebssystem das sich zum Großteil mit sich selbst beschäftigt weil es alle ausnahmen und Eventualitäten abdecken will.

    Spezifikationen sind dafür da das man Sie einhält, wer es so wie Redmond macht und seine Spezifikationen zum teil nicht offen legt, braucht sich nicht wundern wenn diese nicht eingehalten werden.

    Im Maschinenbau gilt die Einhaltung von Spezifikationen (DIN normen) schon seit über 100 Jahren, in der Softwareindustrie muss man das anscheinen noch lernen.

    Angenommen Microsoft und Apple würden Software für Flugzeuge produzieren,

    in welchen Flieger würden man sich wohl eher setzen?

    Gruß

    Antworten
    1. Stephan Lamprecht, Ahrensburg Beitragsautor

      Hallo,

      >>Angenommen Microsoft und Apple würden Software für Flugzeuge produzieren,

      in welchen Flieger würden man sich wohl eher setzen?<<

      In keinen. Ich habe 10 Jahre Softwareentwicklung auf dem Buckel. Da lernt es sich, wie viele Issues vom Produktmanagement in einem ausgelieferten Produkt zurückgewiesen sind.

      Aber auch Deine Argumentation hinkt. Denn **natürlich** halten die überteuerten eigenen Hardware-Produkte von Apple die eigenen Spezifikationen ein. Und der Kern des Artikels widmet sich der Tendenz sich abzuschotten. Apple ist in nichts besser mit seinen monopolistischen Tendenzen als die anderen Hersteller.

      Grüße

      Stephan

      Antworten
  7. michi

    Hallo,

    hier schreibt ein MS User, der seit Wochen einen WLAN mediaplayer namens antarius von trekstor, einen zugriff auf den i Mac meiner Freundin zu ermöglichen.. (OS x Lion) …Fehlanzeige! ..da ich schon Stunden im www verbracht habe um dieses Problem zu lösen, werde ich jetzt die Flinte ins Korn werfen und kapitulieren.. Ich bin wohl nicht der Erste 😀 …da meine bessere Hälfte überzeugt von Mac Produkten ist, wird wohl zu Weihnachten sooo ein Apple TV dings gekauft.. Der Seelenfrieden ist wieder hergestellt, alles läuft so wie es sein soll und Apple auch will.. Neue Geräte braucht das Land und vor allem die von Apple..
    Tja, es hat mich Zeit und Nerven gekostet und dabei ist die Lösung glasklar.. KAUFEN
    Muss lachen.. Meine Freundin wird mir wieder beweisen, wie toll doch alles bei den mac’s und co funktioniert..

    MfG

    Antworten
  8. Tobias

    Vielen Dank für Deinen sehr guten Artikel! Bin darauf gestossen, als ich versucht habe mein WD NAS unter Mac OS Lion zum Laufen zu bringen. Wie immer gab es in den einschlägigen Foren keine Lösung zu dem Problem (auch eine typische Mac-Problematik).
    Habe dann diesen Blog gefunden und es kurz unter Windows probiert und siehe da: das NAS wird problemlos erkannt. Unglaublich diese Unverfrorenheit von Apple! Ich bin schon zu viele Kompromisse eingegangen, aber das bringt das Fass zum überlaufen! Werden meinen iMac abstossen und mir einen schönen smarten Windows-Rechner zusammenbauen. Genug ist genug!

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